Erzielt das verheiratete (getrennt lebende oder geschiedene) unterhaltspflichtige Kind keine oder lediglich geringe Einkünfte, so stellt sich die Frage, inwieweit es für den Elternunterhalt leistungsfähig ist.
a) Getrenntlebender/geschiedener Ehegatte
Im Falle des Getrenntlebens oder nach Scheidung ist maßgeblich die Höhe des Unterhalts (wie eigenes Einkommen) zuzüglich der tatsächlichen eigenen Einkünfte. Übersteigt dieser Betrag den maßgeblichen Selbstbehalt von 1.600 EUR, so besteht eine Leistungsfähigkeit in Höhe der Hälfte des darüber hinausgehenden Betrags (wie oben 5.).
b) Intakte Ehe
Lebt der Ehegatte dagegen in einer intakten Familie und verdient er das geringere Einkommen als der andere Ehegatte, so steht ihm gemäß §§ 1360, 1360a BGB lediglich ein Anspruch auf Familienunterhalt zu. Der Anspruch auf Familienunterhalt beträgt danach 50 % des vorhandenen Familieneinkommens. Er ist allerdings grundsätzlich nicht auf Gewährung einer Geldrente gerichtet, sondern nach § 1360a Abs. 2 S. 1 BGB in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Ein Anspruch auf monatliche Barleistungen besteht nicht und steht daher für Unterhaltszwecke auch nicht zur Verfügung, da dies einer verdeckten Unterhaltspflicht des Schwiegerkindes gleich käme. Leistungsfähig ist der Ehegatte nur, wenn er durch den Familienunterhalt selbst vollständig abgesichert ist und daneben – aus eigenen Erwerbseinkünften oder Taschengeld – über Einkünfte verfügt, die für den bar zu leistenden Elternunterhalt herangezogen werden können. Es ist daher wie folgt zu differenzieren:
aa) Verheiratetes Kind ohne eigenes Einkommen mit Anspruch auf Taschengeld
Das Taschengeld eines Ehegatten ist grundsätzlich auch für den Elternunterhalt einzusetzen. Für Unterhaltszwecke verfügbares Einkommen ist das Taschengeld, auf das der unterhaltspflichtige, nicht erwerbstätige, den Haushalt führende Ehegatte als Bestandteil des Familienunterhalts Anspruch hat, üblicherweise als Barbetrag in Höhe von 5–7 % des zur Verfügung stehenden Familiennettoeinkommens, wenn der jeweils zu beachtende Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes gewahrt ist. Da auch der Barbetrag nach § 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII Bestandteil des Bedarfs des im Heim lebenden Elternteils ist, ist es angemessen, dem unterhaltspflichtigen Kind neben seiner Existenzsicherung durch den Familienunterhalt auch einen gewissen Barbetrag für persönliche Bedürfnisse von dem Taschengeld zu belassen, und zwar in Höhe eines Mindestbedarfs. Dies gilt allerdings nicht in Höhe eines Betrages von 5–7 % des Mindestselbstbehalts des Unterhaltspflichtigen sowie in Höhe etwa der Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes. Somit ist zumindest ein Betrag in Höhe von 144 EUR derzeit nicht für Unterhaltszwecke einzusetzen:
Familienmindestselbstbehalt: 2.880 EUR → 5 % davon: 144 EUR (= Taschengeld des Ehegatten).
Dies hat zur Folge, dass bis zu einem Familieneinkommen in Höhe von 2.880 EUR der einkommenslose Ehegatte nicht für einen Anspruch auf Elternunterhalt herangezogen werden kann.
Achtung! Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 12.12.2012 den Taschengeldanspruch aus dem hälftigen Familieneinkommen genommen und lediglich den persönlichen Mindestbedarf gegenüber Eltern (derzeit: 1.600 EUR) angesetzt, was ein offensichtliches Versehen darstellen soll. Meines Erachtens ist dies auch zutreffend, da andernfalls dem Unterhaltspflichtigen nur 80 EUR (5 % aus 1.600 EUR) verbleiben würden, während der Berechtigte ein Taschengeld von zumindest 103,14 EUR (§ 35 Abs. 2 S. 1 SGB XII) zur Verfügung hätte.
Beispiel 3:
M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen vom 5.000 EUR, F von 0 EUR. Das Familieneinkommen beträgt damit 5.000 EUR.
Nach Abzug des Familienbedarfs vom 2.880 EUR verbleiben 2.120 EUR.
Was hat M einzusetzen?
M verbleibt die Hälfte davon abzüglich 10 % Haushaltsersparnis (212 EUR), also die Hälfte von 1.908 EUR, somit 954 EUR.
Den Ehegatten verbleiben somit: 954 EUR + 2.880 EUR = 3.834 EUR.
Das einzusetzende Einkommen beträgt daher (5.000 EUR ./. 3.834 EUR) = 1.166 EUR.
Was hat F für ihre Eltern einzusetzen?
Das Familieneinkommen beträgt 5.000 EUR →
Das Taschengeld der F somit zumindest 5 % daraus, also 250 EUR.
Davon abzuziehen ist allerdings das Taschengeld aus dem Familienmindestselbstbehalt, also 5 % aus 2.880 EUR, mithin 144 EUR (siehe oben!)
F hat lediglich die Hälfte des darüber hinausgehenden Taschengeldes einzusetzen →
F hat daher lediglich 250 EUR abzüglich 144 EUR, mithin 106 EUR : 2 = 53 EUR für den Elternunterhalt einzusetzen!