BGB § 745 Abs. 2 § 1361b Abs. 3 S. 2
Leitsatz
Eine Vergütung für die alleinige Nutzung der Ehewohnung kann auch zugesprochen werden, wenn ein Ehegatte während des Getrenntlebens aus einer Ehewohnung weicht, für die beiden Ehegatten gemeinsam ein unentgeltliches Wohnungsrecht eingeräumt ist (Fortführung von Senatsurteil vom 15.2.2006 – XII ZR 202/03, FamRZ 2006, 930). Dies setzt nicht voraus, dass der in der Ehewohnung verbleibende Ehegatte die ihm durch die ungeteilte Nutzung zuwachsenden Vorteile wirtschaftlich verwerten kann (insoweit Aufgabe von Senatsurteil vom 8.5.1996 – XII ZR 254/94, FamRZ 1996, 931).
BGH, Beschl. v. 18.12.2013 – XII ZB 268/13 (OLG Zweibrücken, AG Kandel)
Anmerkung
Anm. der Red.: Die Entscheidung ist abgedruckt in NJW 2014, 462.
2 Anmerkung
Mit dieser Entscheidung stellt der BGH klar, dass an der früheren Rechtsmeinung des Gerichts, die Nutzungsvergütung setze voraus, dass dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten durch die ungeteilte Nutzung der Wohnung ein wirtschaftlicher Vorteil erwachse, nicht mehr festgehalten werde. Die Zubilligung einer Nutzungsentschädigung hat nach der früheren Entscheidung vorausgesetzt, dass die Verdrängung eines Ehegatten aus seinem Mitbesitz an der Wohnung einen Eingriff in Rechtspositionen darstellt, die auch im Verhältnis zum anderen Ehegatten einen ihm vorbehaltenen Vermögenswert darstellen. Dies sei nicht anzunehmen, weil dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten durch den Auszug des anderen Ehegatten kein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil erwächst.
Die insoweit zuletzt ergangene Entscheidung des BGH wird nunmehr bestätigt und aufgrund der jetzigen Rechtslage fortgeführt. Die frühere Entscheidung, die sich auf § 1361b Abs. 2 BGB a.F. stützte, gilt nunmehr auch auf der Grundlage von § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB der jetzigen Gesetzesfassung. Auch bei gleichem Miteigentum der Parteien konnte ohne Rücksicht auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Wohnungszuweisung eine Nutzungsvergütung verlangt werden, wenn und soweit dies auch der Billigkeit entspricht. Eine Nutzungsvergütung ist auch dann geboten, wenn der Eigentümer-Ehegatte die bisherige Ehewohnung freiwillig verlässt, ohne dass die Ehegatten zuvor eine Übereinkunft über die wesentlichen Modalitäten einer künftigen Alleinnutzung der Wohnung vereinbart hätten. Es handelt sich lediglich um eine angemessene Kompensation für das die Trennung überdauernde Besitzrecht des anderen Ehegatten, wobei sich die Höhe der Vergütung allein nach der Billigkeit richtet. Der Verlust des Wohnungsbesitzes und die damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile für den weichenden Ehegatten im Einzelfall sind durch die Berücksichtigung der Billigkeitsgesichtspunkte zu kompensieren.
Offen gelassen hatte der BGH damals die Frage, ob bei Alleineigentum eines Ehegatten § 1361b BGB (analog) als lex specialis auch gegenüber der für Miteigentum allgemein geltenden Regel des § 745 Abs. 2 BGB anzusehen sei. In bisheriger Rechtsprechung hatte der BGH entschieden, dass eine Nutzungsvergütung unter Miteigentümern nur als Folge einer Neuregelung der Verwaltung und Benutzung durch Beschluss nach § 745 Abs. 2 BGB angeordnet werden könne, was Brudermüller in seiner Anmerkung zu Recht beanstandet hat.
Die jetzige Entscheidung des BGH betraf die Frage der Nutzungsvergütung bei gemeinsamen, lebenslänglichen, unentgeltlichen, dinglichen Wohnungsrecht und eines freiwilligen Auszugs eines Ehegatten, wobei der andere Ehegatte mit vier Kindern und einem Enkelkind die Ehewohnung weiter bewohnt. Dabei hatte das zuvor befasste OLG Zweibrücken die Nutzungsvergütung als familienrechtlichen Anspruch bezeichnet, welcher dem Anspruch aus Gemeinschaftsrecht nach § 745 Abs. 2 BGB vorgeht. Diese Entscheidung hat der BGH gebilligt, so dass davon auszugehen ist, dass nunmehr die bisher streitige Rechtsfrage entschieden ist und somit geklärt ist, dass § 1361b BGB eine lex specialis gegenüber § 745 Abs. 2 BGB ist. Seit der Neufassung des Gesetzes durch das Gewaltschutzgesetz hängt die Vergütungsregelung ausschließlich an der faktischen Überlassung der Wohnung, ohne dass es darauf ankommt, ob der weichende Ehegatte die Wohnung freiwillig verlässt oder er dazu verpflichtet ist. Die Nutzungsvergütung soll damit den Verlust des Wohnungsbesitzes und damit einhergehenden wirtschaftlichen Nachteil für den weichenden Ehegatten einzelfallbezogen unter Einbeziehung von Billigkeitsgesichtspunkten kompensieren. Allerdings scheitert eine Vergütungsregelung dann, wenn bereits bei der Unterhaltsbemessung der Wohnvorteil bedarfsmindernd oder die Leistungsfähigkeit erhöhend berücksichtigt ist. Dabei gilt die Regelung für alle Fälle von Eigentum, Erbbaurecht, Nießbrauch, Wohnungseigentum, Dauerwohnrecht und dinglichem Wohnrecht unabhängig davon, ob diese Rechte beiden Ehegatten gemeinsam oder nur einem von ihnen allein oder gemeinsam mit einem Dritten zustehen. Dies gilt auch dann, wenn dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten die alleinige Nutzung letztendlich aufgedrängt wurde. Dieser festzu...