Eine wichtige Grundregel zum Gesamtschuldnerausgleich ist schließlich die, dass der interne Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners, der an den gemeinsamen Gläubiger zahlt, automatisch entsteht. Der Anspruch bedarf keiner Aktivierung, etwa durch ein Zahlungsverlangen gegenüber dem Mitgesamtschuldner. Beteiligung an der Gesamtschuld kann also grundsätzlich ohne Weiteres auch für die Vergangenheit verlangt werden. Insofern unterscheidet sich der Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB von einem aus § 1361b Abs. 3 S. 2 oder § 745 Abs. 2 BGB hergeleiteten Anspruch auf Nutzungsvergütung – ebenso wie von einem Unterhaltsanspruch. Denn sowohl der Anspruch auf Nutzungsvergütung als auch der Unterhaltsanspruch muss bekanntlich aktiviert werden. Das kann zu Problemen führen, wenn ein Anspruch aus § 426 BGB mit einem Anspruch auf Nutzungsvergütung oder mit einem Unterhaltsanspruch zusammentrifft.
Dazu ein Beispiel:
Ehefrau F ist nach der Trennung in dem im Miteigentum der Eheleute stehenden Haus wohnen geblieben, Ehemann M ist ausgezogen. F hat die gesamtschuldnerischen Hauslasten in Höhe von 800 EUR monatlich getragen. Nach einem Jahr verlangt sie von M, ihr die Hälfte der seit seinem Auszug getragenen Lasten, also monatlich 400 EUR zu erstatten. M beruft sich darauf, F habe ihn nicht zur Beteiligung aufgefordert und er habe von ihr ja auch keine Nutzungsvergütung verlangt.
Dieses Beispiel ist eine klassische, in der Praxis immer wieder vorkommende Konstellation. Wie ist die Ausgangslage? Grundsätzlich kann F von M hälftige Beteiligung an der von ihr getragenen Gesamtschuld ab Trennung verlangen, denn sie muss ihren Anspruch nicht aktivieren. Auf der anderen Seite hätte M gegen F einen Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsvergütung gehabt, doch hat er den Anspruch nicht, wie es erforderlich gewesen wäre, durch ein "deutliches Zahlungsverlangen" aktiviert. Ein solches Ergebnis wäre unbefriedigend. Es würde M benachteiligen, der im Zweifel deshalb keine Nutzungsvergütung gefordert hat, weil er angesichts der zunächst ausgebliebenen Zahlungsaufforderung der F darauf vertraut hat, dass sie im Hinblick auf den von ihr gezogenen Nutzungsvorteil von ihm keine Beteiligung am Abtrag der Gesamtschuld verlangen werde. Die Rechtsprechung hilft in einem solchen Fall durch die Annahme einer stillschweigend geschlossenen anderweitigen Bestimmung i.S.d. § 426 Abs. 1 S. 1 BGB, einer stillschweigenden Nichtabrechnungsvereinbarung für die Vergangenheit, die den Inhalt hat: Der im Haus Verbliebene trägt die Schulden, der Ausgezogene erhält keine Nutzungsvergütung.
Zu beachten ist aber, dass diese Nichtabrechnungsvereinbarung im Zweifel nicht solche Lasten erfasst, die den zuzurechnenden Nutzungswert übersteigen. Wenn wir also im Beispiel annehmen, dass F sich einen Nutzungswert des Hauses von 500 EUR zurechnen lassen musste (der grundsätzlich zu einem Anspruch des M auf Nutzungsvergütung in Höhe von 250 EUR geführt hätte), wären von der getragenen Gesamtschuld (800 EUR) durch die stillschweigende Nichtabrechnungsvereinbarung 500 EUR "verbraucht". Hinsichtlich des Restbetrages von 300 EUR könnte F von M hälftige Beteiligung rückwirkend ab Trennung verlangen.
Dies alles ist gesicherte Rechtsprechung des BGH, die auch zu sachgerechten Ergebnissen führt und bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften ebenfalls herangezogen werden kann. Durch vereinzelte, die geschilderten Grundsätze nicht berücksichtigende Entscheidungen von Instanzgerichten sollte man sich nicht irritieren lassen.