Der Streit um Gesamtschulden in der Trennungsauseinandersetzung der Ehegatten betrifft in der Regel aber das Innenverhältnis, nämlich die Frage: Wer muss im Innenverhältnis eintreten? Dabei sind einige Grundregeln zu beachten.

1. Gesetzliche Regel, anderweitige Bestimmung und Beweislast

Ausgangspunkt ist zunächst die Regelung in § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach müssen die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen eintreten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Die interne Eintrittspflicht zu gleichen Teilen ist die gesetzliche Regel. Die anderweitige Bestimmung ist die Ausnahme; wenn sie gegeben ist, geht sie aber vor. Daraus folgt: Derjenige, der meint, im Innenverhältnis nicht eintreten zu müssen, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, aus denen er dies herleitet.

Was macht nun eine – die gesetzliche Regel der hälftigen Schuldentragung außer Kraft setzende – anderweitige Bestimmung aus? Wie ist sie definiert? Der BGH[5] gebraucht folgende Formulierung: Eine anderweitige Bestimmung "kann sich aus dem Gesetz, einer Vereinbarung, dem Inhalt und Zweck des Rechtsverhältnisses oder der Natur der Sache, mithin aus der besonderen Gestaltung des tatsächlichen Geschehens ergeben".

Ich zitiere diese Definition, um deutlich zu machen: Es ist eine sehr weitgehende Definition. Wir brauchen nicht unbedingt eine Vereinbarung. Wenn wir eine Vereinbarung, gegebenenfalls auch eine stillschweigende, konkludente Vereinbarung haben, ist es klar. Dann können wir an sie anknüpfen. Aber auch wenn wir sie nicht haben, kann eine anderweitige Bestimmung anzunehmen sein. Sie kann sich nämlich auch "aus der Natur der Sache" ergeben. Was heißt das nun? Nach meinem Verständnis bedeutet das: Man muss fragen, welche Haftungsverteilung im Innenverhältnis liegt nahe? Was ist gerecht? Was sagt einem der gesunde Menschenverstand? Und wenn sich nach den Umständen aufdrängt, dass nur die alleinige Eintrittspflicht eines Ehegatten im Innenverhältnis sachgerecht ist, so ergibt sich eine entsprechende Bestimmung, die zu einer anderen als der hälftigen Schuldentragung führt, "aus der Natur der Sache".

[5] Etwa FamRZ 2006, 1178, 1179.

2. Zahlungsunfähigkeit eines Ehegatten

Zu den Grundregeln des Gesamtschuldnerausgleichs unter Ehegatten gehört es auch, dass nach der Rechtsprechung des BGH[6] die Zahlungsfähigkeit des in Anspruch Genommenen keine Voraussetzung für den Innenausgleich ist. Daraus, dass einer der Ehegatten nicht zum Ausgleich in der Lage ist oder ein geringeres Einkommen als der andere hat, kann keine seine Beteiligung im Innenverhältnis ausschließende anderweitige Bestimmung hergeleitet werden.

Anders als beim Gesamtschuldnerausgleich wird hingegen der mangelnden Leistungsfähigkeit des auf Ausgleich in Anspruch genommenen Ehegatten in einem anderen rechtlichen Zusammenhang sehr wohl Bedeutung beigemessen, nämlich wenn es darum geht, ob der nach Trennung im gemeinsamen Haus verbliebene Ehegatte dem ausgezogenen Ehegatten gemäß § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB eine Nutzungsvergütung zu zahlen hat. Hier sagt die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte,[7] dass beengte wirtschaftliche Verhältnisse des im Haus Verbliebenen zu einer Reduzierung oder gar zum Wegfall seiner Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsvergütung führen können.

Zumindest auf den ersten Blick leuchtet nicht unmittelbar ein, warum im Fall des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB die mangelnde Leistungsfähigkeit zur Korrektur eines grundsätzlich gegebenen Anspruchs führen können soll, im Fall des § 426 BGB dagegen nicht. Hinreichend rechtfertigen lässt sich dies auch nicht mit dem Argument, dass es sich bei dem Anspruch auf Nutzungsvergütung um einen Billigkeitsanspruch handelt. Denn auch beim Gesamtschuldnerausgleich gibt es mit der "aus der Natur der Sache" abgeleiteten anderweitigen Bestimmung ein Korrektiv, das auf das gerecht erscheinende Ergebnis abzielt. Vielleicht wird man über die Bedeutung der mangelnden Leistungsfähigkeit beim Gesamtschuldnerausgleich noch einmal neu nachdenken müssen. Das gilt vor allem auch im Hinblick auf die Fälle, in denen schon bei Eingehung einer gemeinsamen Kreditverbindlichkeit klar war, dass auch auf lange Sicht angesichts seines gesicherten Einkommens nur der eine Ehegatte zum Abtrag in der Lage sein würde, der andere – etwa die Hausfrau ohne abgeschlossene Berufsausbildung – hingegen nicht.

[6] Etwa FamRZ 2011, 25, 26.
[7] Zuletzt OLG Saarbrücken FamRZ 2014, 1636; OLG Hamm FamRZ 2011, 892.

3. Geltendmachung für die Vergangenheit

Eine wichtige Grundregel zum Gesamtschuldnerausgleich ist schließlich die, dass der interne Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners, der an den gemeinsamen Gläubiger zahlt, automatisch entsteht. Der Anspruch bedarf keiner Aktivierung, etwa durch ein Zahlungsverlangen gegenüber dem Mitgesamtschuldner. Beteiligung an der Gesamtschuld kann also grundsätzlich ohne Weiteres auch für die Vergangenheit verlangt werden. Insofern unterscheidet sich der Ausgleichsanspruch aus § 426 BGB von einem aus § 1361b Abs. 3 S. 2 oder § 745 Abs. 2 BGB hergeleiteten Anspruch auf Nutzungsvergütung – ebenso wie von einem Unterhaltsanspruch. Denn sowohl der Anspruch auf ...

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