1. Abänderung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung
Der BGH nimmt in einem Abänderungsverfahren, das eine nach irischem Recht von der Mutter erwirkte Entscheidung über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes zum Gegenstand hat, zu den dabei nacheinander zu prüfenden Fragen Stellung, zusammengefasst in folgenden Leitsätzen:
Die (Inzident-)Anerkennung einer vor dem 18.6.2011 ergangenen und ursprünglich in den Anwendungsbereich der Brüssel-I-Verordnung fallenden ausländischen Unterhaltsentscheidung richtet sich in einem nach dem 18.6.2011 eingeleiteten Abänderungsverfahren nach den Vorschriften der Europäischen Unterhaltsverordnung über die Anerkennung und Vollstreckung exequaturbedürftiger Titel (Art. 75 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 ff. EuUnthVO).
Kann die Verfahrensführungsbefugnis eines Kindes in einem Verfahren zur Abänderung einer ausländischen Entscheidung zum Kindesunterhalt nicht an dessen formelle Parteistellung im Erstverfahren angeknüpft werden (etwa weil die Ausgangsentscheidung in einem Verfahren zwischen den Eltern ergangen ist), hängt diese davon ab, ob die ausländische Unterhaltsentscheidung für und gegen das Kind wirkt; diese Frage ist nach dem Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen.
In einem nach dem 18.6.2011 eingeleiteten Unterhaltsverfahren (hier: Abänderungsverfahren) mit Auslandsbezug ist das maßgebliche Kollisionsrecht dem Haager Unterhaltsprotokoll zu entnehmen. Dies gilt im Verhältnis der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen EU-Staaten auch, soweit das Verfahren Unterhaltszeiträume vor dem Inkrafttreten des Haager Unterhaltsprotokolls vom 18.6.2011 umfasst.
Das einem abzuändernden ausländischen Unterhaltstitel zugrunde liegende Sachrecht kann in einem in Deutschland betriebenen Abänderungsverfahren grundsätzlich nicht ausgetauscht werden, sondern bleibt für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung weiterhin maßgeblich; dies gilt nicht, wenn nach Erlass der abzuändernden Entscheidung infolge eines Aufenthaltswechsels der unterhaltsberechtigten Person ein vom deutschen Kollisionsrecht beachteter Statutenwechsel (Art. 3 Abs. 2 HUP) eingetreten ist.
2. Nachforderung "vergessenen" Vorsorgeunterhalts
Die Vermutung, dass Gegenstand des Erstverfahrens der volle, nicht nur ein Teilbetrag des geschuldeten Unterhalts war, gilt grundsätzlich auch, wenn die Unterhaltsberechnung ausnahmsweise nicht zweistufig vorzunehmen ist, etwa wegen der Geltendmachung eines konkreten Unterhaltsbedarfs oder wenn der Unterhaltspflichtige Altersvorsorgeunterhalt ohne Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes neben dem vollen ungekürzten Elementarunterhalt leisten kann. Im Erstverfahren nicht vorbehaltener, "vergessener" Vorsorgeunterhalt kann grundsätzlich nicht mit einem Erstantrag nach § 258 ZPO nachgefordert werden, sondern nur mit einem Abänderungsantrag nach § 238 FamFG, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.
3. Reichweite der Präklusion
Ein vom Gericht im vorausgegangenen Verfahren zur Frage der Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Bedarf nach § 1578b BGB übersehener Umstand kann für sich genommen nicht die Abänderung der Entscheidung eröffnen. Ist die Abänderung hingegen aus anderen Gründen eröffnet, so ist die Berücksichtigung des Umstands nur dann ausgeschlossen (präkludiert), wenn dieser bereits im Ausgangsverfahren erheblich war. War der Umstand (hier: Möglichkeit des Wechsels der unterhaltsberechtigten Beamtengattin in einen günstigen Tarif der privaten Krankenversicherung) im vorausgegangenen Verfahren allein im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1578b BGB anzustellenden Gesamtschau von Bedeutung, ist seine Berücksichtigung im Abänderungsverfahren im Zweifel nicht ausgeschlossen.