Zur Rechtfertigung einer Umgangseinschränkung bedarf es konkreter Gründe, die das Wohl des Kindes berühren (§ 1684 Abs. 4 S. 1 BGB) oder gefährden (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB).
Bei der Frage, welche Gründe eine Einschränkung bzw. einen Ausschluss des Umgangsrechts rechtfertigen, bedarf es immer der Betrachtung des konkreten Einzelfalls. Allerdings haben sich Fallgruppen herausgebildet, bei denen eine Einschränkung bzw. ein Ausschluss des Umgangsrechts in Betracht oder auch tendenziell nicht in Betracht kommen:
Nicht ohne Weiteres ausreichende Gründe:
▪ |
niedriges Alter des Kindes, |
▪ |
langwährende Entfremdung, |
▪ |
Fortdauer der Streitigkeiten der Eltern, die das Scheitern der Ehe noch nicht bewältigt haben, |
▪ |
Verfeindung der Eltern, |
▪ |
Ablehnung des Umgangs durch den betreuenden Elternteil, |
▪ |
Verursachung von Loyalitätskonflikten durch den betreuenden Elternteil, |
▪ |
Integrationsphase nach Inpflegenahme des Kindes, |
▪ |
Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft, |
▪ |
Vorstrafen des umgangsberechtigten Elternteils, |
▪ |
Ausübung der Prostitution durch den umgangsberechtigten Elternteil, |
▪ |
Inhaftierung des umgangsberechtigten Elternteils, |
▪ |
eine mit einer bloßen ausländischen Staatsangehörigkeit begründete Entführungsgefahr, |
▪ |
Verzug mit Unterhaltsleistungen. |
Gründe für eine Einschränkung oder einen Ausschluss des Umgangs können unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls sein:
▪ |
konkrete Entführungsgefahr, |
▪ |
erhebliche Misshandlungen des Kindes durch den umgangsberechtigten Elternteil, |
▪ |
erhebliche Suchterkrankungen, die zu einer konkreten Gefährdung des Kindes führen, |
▪ |
fortgesetzte negative Beeinflussung des Kindes gegen den Sorgeberechtigten, |
▪ |
nachgewiesener sexueller Missbrauch des Kindes durch den umgangsberechtigten Elternteil, |
▪ |
Gefahr des sexuellen Missbrauchs durch den Umgangsberechtigten oder Dritte während des Umgangs, |
▪ |
nachhaltige Ablehnung des Umgangs durch das Kind, welche nicht ohne Gefährdung des Kindeswohls überwunden werden kann (vgl. hierzu ausführlich im Folgenden unter 1.). |
1. Nachhaltige Ablehnung des Umgangs durch das Kind
Häufig ergeben sich Umgangseinschränkungen in der familiengerichtlichen Praxis aufgrund einer ablehnenden Haltung des Kindes. Hierbei handelt es sich um eine Fallkonstellation, die menschlich, kinderpsychologisch und juristisch nur schwer zu bewältigen ist.
Ein wesentlicher Aspekt bei der Prüfung des Kindeswohls (§ 1697a BGB) ist der Kindeswille. Der Wille des Kindes ist Ausdruck seiner Selbstbestimmung und ein Bindungsindiz, wobei die Bindung und der tatsächlich geäußerte Wille nicht übereinstimmen müssen. Das Persönlichkeitsrecht des Kindes erfordert es, seine Wünsche und Interessen bei der Umgangsregelung zu berücksichtigen. Mit zunehmendem Alter kommt dem geäußerten Willen des Kindes immer stärkere Bedeutung zu, wobei ab einem Alter von 11–13 Jahren kaum noch die Anordnung eines Umgangs gegen den gefestigten Willen in Betracht kommt. Allerdings kommt dem Willen des Kindes kein absoluter Vorrang zu. Vielmehr ist dieser gegen die Interessen des Umgangsberechtigten abzuwägen. Auch ist zu berücksichtigen, dass der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen grundsätzlich dem Kindeswohl dient, § 1626 Abs. 3 S. 1 BGB.
Eine besondere Schwierigkeit stellt in diesem Zusammenhang der Umstand dar, dass der geäußerte Kindeswille in der familiengerichtlichen Praxis häufig mehr oder weniger beeinflusst bzw. manipuliert wird. Dies kann zum Teil sehr offensichtlich ("ich möchte Papa nicht sehen, weil er keinen Unterhalt...