a) Bedürfnislagen des Nachscheidungsunterhalts
Der Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt rechtfertigt sich nur bei Vorliegen der in den §§ 1569 ff. BGB aufgeführten Bedürfnislagen. Sie am Einzelfall herauszuarbeiten, kennzeichnet die Rechtsprechung.
aa) Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB
Einzelfallbezogen ist die Rechtsprechung zur Notwendigkeit der persönlichen Betreuung eines gemeinsamen Kindes und der Vereinbarkeit einer Erwerbstätigkeit. So kann auch bei fortgeschrittenem Alter eines Kindes, das an Autismus, Neurodermitis und einer Lebensmittelunverträglichkeit leidet, zudem von Migräne und Kopfschmerzen geplagt wird, Verlängerungsunterhalt beansprucht werden und besteht keine Verpflichtung der Kindesmutter zur Vollzeittätigkeit, wenn das Kind einen deutlich erhöhten Förderungsbedarf hat.
bb) Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB
Besonderer Darlegungsbedarf besteht, wenn das Erwerbshindernis auf Krankheit beruhen soll. Wird nachehelicher Unterhalt als Krankheitsunterhalt eingefordert, reicht allein der Hinweis auf Bezug von Leistungen nach dem SGB II/SGB XII nicht aus; der Verweis auf ein nicht schriftsätzlich aufgearbeitetes Anlagenkonvolut ersetzt konkreten Vortrag ebenfalls nicht.
b) Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen
Unterhalt dient der Sicherstellung des allgemeinen Lebensbedarfs. Bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen werden regelmäßig nicht alle Einkünfte dem allgemeinen Lebensbedarf, dem Konsum, zugeführt, vielmehr in eine Vermögensbildung investiert. Unterhaltsrechtlich gilt es, eine Abgrenzung dieser Bereiche vorzunehmen. Dem dient die konkrete Bedarfsbemessung.
aa) Erforderlichkeit konkreter Bedarfsbemessung
Die Rechtsprechung und die unterhaltsrechtlichen Leitlinien variieren in der Frage, ab welcher Einkommenshöhe die Notwendigkeit konkreter Bedarfsbemessung besteht. Jüngst hat das OLG Stuttgart dazu entschieden: Bei bereinigten Gesamteinkünften der Eheleute von 8.839 EUR monatlich errechnet sich der Unterhaltsanspruch nach dem Halbteilungsbedarf. Eine konkrete Bedarfsermittlung ist nicht erforderlich.
bb) Bemessung nach den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen
Die konkrete Bedarfsbemessung hat von den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen auszugehen; die für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünfte sind heranzuziehen. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen; sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand bedürfen der Korrektur. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, dass der Boden der ehelichen Lebensverhältnisse verlassen wird und Vermögenseinkünfte als eheprägend zugrunde gelegt werden, die auch nach einem objektiven Maßstab nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet worden wären.
cc) Anrechnung von Einkünften
Wird im Rahmen des Quotenunterhalts der Erwerbstätigenbonus berücksichtigt, so sind Einkünfte bei der konkreten Bedarfsbemessung ohne Erwerbstätigenbonus auf den Bedarf anzurechnen. Ferner gilt, dass Abzüge von den Einkünften dann nicht in Betracht kommen, wenn etwa mit ihnen verbundener Aufwand bereits durch die Bedarfspositionen abgedeckt ist.
dd) Darlegungs- und Beweislast
Ist nach Lage des Falles von besonders günstigen Lebensverhältnissen auszugehen, hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte die Darlegungs- und Beweislast für seinen aktuellen persönlichen Bedarf. Insoweit kann er die jeweiligen Bedarfspositionen exemplarisch und unter Angabe der jeweiligen Größenordnung so weitgehend darlegen, dass sie jedenfalls einer Schätzung nach § 287 ZPO zugänglich sind.
Eine Schätzung nach § 287 ZPO kommt umso eher in Betracht, als es sich um existenziell notwendige Bedarfspositionen handelt. Die Substantiierung zur Höhe der Bedarfspositionen kann durch Vorlage von Belegen zu den jeweiligen Kosten in vergangener Zeit vorgenommen werden. Der konkrete Bedarf zu existenziell notwendigen Bedarfspositionen (z.B. Essen, Trinken, Kleidung, Wohnen) kann aber bei unzureichender Substantiierung nicht auf null gesetzt werden, er bedarf dann der Schätzung durch das Familiengericht.
c) Verwirkung nach § 1579 BGB
Der zunächst in konkreter Höhe festzustellende Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt kann der Verwirkung unterliegen. Ob er ...