I. Ersetzung eines gerichtlichen Titels bei einvernehmlicher Neutitulierung durch Jugendamtsurkunde
Auch ein auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhender oder ein urkundlicher Unterhaltstitel kann im gegenseitigen Einvernehmen der an dem betreffenden Unterhaltsrechtsverhältnis Beteiligten durch einen neuen Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ersetzt werden. Die Beteiligten können ihre Rechtsbeziehungen kraft ihrer Privatautonomie abweichend von der rechtskräftigen Entscheidung neu gestalten. Dies kann zu einer Erhöhung oder auch zu einer Ermäßigung der Unterhaltsverpflichtung führen. Maßgebend ist das Einvernehmen über die Ersetzung des bisherigen Unterhaltstitels, nicht noch zusätzlich deren gemeinsame Mitwirkung an der Schaffung des neuen Unterhaltstitels. An die Feststellung des Einvernehmens sind strenge Anforderungen zu stellen; einseitig kann dem Unterhaltsberechtigten nämlich keine ersetzende Jugendamtsurkunde aufgedrängt werden. Konkludent kann sich das Einvernehmen in der Entgegennahme und Verwendung der neuen Urkunde durch den Unterhaltsberechtigten ausdrücken.
Beruht die Erstellung einer vollstreckbaren Jugendamtsurkunde auf einer Unterhaltsvereinbarung der Beteiligten, sind diese an den Inhalt der Vereinbarung materiell rechtlich gebunden; eine Abänderung der Urkunde kommt für beide Beteiligte grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies wegen nachträglicher Veränderungen nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage geboten ist.
Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres des Unterhaltsberechtigten ändern sich die maßgeblichen Verhältnisse, die der Errichtung der Jugendamtsurkunde zur Zeit seiner Minderjährigkeit zugrunde lagen. In einem von dem früheren allein barunterhaltspflichtigen Elternteil gegen das nunmehr volljährige Kind auf Herabsetzung des Kindesunterhalts gerichteten Abänderungsverfahren verbleibt es bei den allgemeinen Regeln der Beweislast, wenn der abzuändernde Titel aus der Zeit der Minderjährigkeit des Kindes stammt; das volljährig gewordene Kind als Abänderungsantragsgegner muss in diesem Abänderungsverfahren den Fortbestand seines Unterhaltsanspruchs und die auf die jeweiligen Elternteile entfallenden Haftungsanteile dartun und beweisen. Der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil trägt im Abänderungsverfahren nicht die Beweislast für die Höhe des eigenen unterhaltsrelevanten Einkommens. Dessen Einkommen ist bereits Gegenstand der Unterhaltsregelung im Zusammenhang mit der Erstellung der Jugendamtsurkunde gewesen. Insoweit kann der ursprünglichen Unterhaltsregelung ein Element entnommen werden, an das die Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht weiterhin gebunden sind. Der früher allein barunterhaltspflichtige Elternteil ist insoweit darlegungs- und beweispflichtig, als er ein gegenüber den Verhältnissen bei der Erstellung des Ausgangstitels über den Minderjährigenunterhalt rückläufiges Einkommen behauptet. Beruft sich das volljährige Kind auf ein – gegenüber den bei Errichtung der Jugendamtsurkunde übereinstimmend zugrunde gelegten Verhältnissen – signifikant gestiegenes Einkommen des bislang barunterhaltspflichtigen Elternteils, trägt er im Abänderungsverfahren schon nach allgemeinen Grundsätzen für diese ihm günstige Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse die Darlegungs- und Beweislast. Ist in dem ursprünglichen gerichtlichen Unterhaltstitel neben dem Elementarunterhalt auch Krankenvorsorgeunterhalt tituliert worden, der nicht zum Gegenstand der ersetzenden Jugendamtsurkunde zum Elementarunterhalt geworden ist, muss Abänderung des gerichtlichen Unterhaltstitels beantragt werden, wenn der Elternteil den aus Elementarunterhalt und Krankenversicherungsbeiträgen bestehenden Gesamtunterhalt des volljährigen Kindes nach Maßgabe des gemäß § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB auf ihn entfallenden Haftungsanteils neu festgesetzt wissen will.
II. Abänderung von Unterhaltstiteln trotz vereinbarter Unabänderbarkeit
Eine Vereinbarung, wonach die Abänderbarkeit einer Unterhaltsvereinbarung gleich aus welchem Rechtsgrund ausgeschlossen wird, ist grundsätzlich uneingeschränkt wirksam. Ein Unterhaltspflichtiger kann die Anpassung einer solchen Vereinbarung nur dann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben erreichen, wenn die Zahlung des vereinbarten Unterhaltsbetrags seine wirtschaftliche Existenz gefährden würde. Die wirtschaftliche Existenz des Unterhaltspflichtigen ist aber erst dann gefährdet, wenn ihm bei Zahlung des vereinbarten Unterhaltsbetrags weniger als der notwendige Selbstbehalt verbliebe. Insoweit sind eigene Einkünfte jedweder Art zu berücksichtigen, auch ein Anspruch auf Familienunterhalt.
III. Stufenantrag
Wird Unterhalt im Wege des Stufenverfahrens geltend gemacht und ergeht zur Auskunftsstufe eine gerichtliche (Teil-)Entscheidung, darf das Verfahren nur auf Antrag eines der Beteiligten fortgesetzt w...