1. Trennungsunterhalt
a) Erwerbsobliegenheit
Mit dem Einsetzen des Trennungsunterhaltsanspruchs geht die Frage einher, ab wann es dem bislang den Haushalt führenden, nicht erwerbstätigen Ehegatten obliegt, seinen Bedarf durch eigene Erwerbseinkünfte zu decken. Dies ist im Blick auf die in § 1569 BGB ab Rechtskraft der Scheidung eingeforderte Eigenverantwortung von zentraler Bedeutung. Die Rechtsprechung hebt auf den Einzelfall ab.
Die Erwerbsobliegenheit kann schon mit der Trennung einsetzen, wenn die Trennung für den Unterhalt begehrenden Ehegatten, der in kinderloser Ehe über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt (im Fall: Diplom-Betriebswirtin mit Schwerpunkt Steuerrecht), keinen Einschnitt bedeutet und er ohne Weiteres seine Bemühungen um Arbeit fortsetzen bzw. wiederaufnehmen kann und muss. Bevor fiktive Erwerbseinkünfte als Folge unzureichender Darlegungen zu Erwerbsbemühungen zugerechnet werden können, ist dem Unterhaltsberechtigten zuvor eine dem Einzelfall gerecht werdende Karenzzeit für eine erfolgversprechende Arbeitsplatzsuche zuzubilligen.
Hat der getrennt lebende Ehegatte kraft Ehevertrags Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt ohne Anrechnung eigener Einkünfte, kann ihm nach Ablauf des Trennungsjahres bei in wenigen Monaten eintretender Rechtskraft der Scheidung nicht die Aufgabe einer selbstständigen zugunsten einer abhängigen Erwerbstätigkeit zugemutet werden.
b) Vermögenseinsatz
Auch beim Trennungsunterhalt ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang zur Bedarfsdeckung vorhandenes, verfügbares Vermögen eingesetzt werden muss. In der Regel besteht keine Obliegenheit, vorhandenes Vermögen einzusetzen. Alle Vermögenswerte dienen regelmäßig dazu, ergänzend zu andern Einkünften den eigenen Lebensbedarf auf Lebenszeit zu decken. Durch eine erzwungene Verwendung des Vermögensstamms soll der Unterhaltsberechtigte nicht von zukünftigen, seinem Unterhalt dienenden Einkünften aus dem Vermögen abgeschnitten werden.
2. Nachscheidungsunterhalt
a) Bedürfnislagen des Nachscheidungsunterhalts
Der Anspruch auf Nachscheidungsunterhalt rechtfertigt sich nur bei Vorliegen der in den §§ 1569 ff. BGB aufgeführten Bedürfnislagen. Sie am Einzelfall herauszuarbeiten, kennzeichnet die Rechtsprechung.
aa) Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB
Einzelfallbezogen ist die Rechtsprechung zur Notwendigkeit der persönlichen Betreuung eines gemeinsamen Kindes und der Vereinbarkeit einer Erwerbstätigkeit. So kann auch bei fortgeschrittenem Alter eines Kindes, das an Autismus, Neurodermitis und einer Lebensmittelunverträglichkeit leidet, zudem von Migräne und Kopfschmerzen geplagt wird, Verlängerungsunterhalt beansprucht werden und besteht keine Verpflichtung der Kindesmutter zur Vollzeittätigkeit, wenn das Kind einen deutlich erhöhten Förderungsbedarf hat.
bb) Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB
Besonderer Darlegungsbedarf besteht, wenn das Erwerbshindernis auf Krankheit beruhen soll. Wird nachehelicher Unterhalt als Krankheitsunterhalt eingefordert, reicht allein der Hinweis auf Bezug von Leistungen nach dem SGB II/SGB XII nicht aus; der Verweis auf ein nicht schriftsätzlich aufgearbeitetes Anlagenkonvolut ersetzt konkreten Vortrag ebenfalls nicht.
b) Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen
Unterhalt dient der Sicherstellung des allgemeinen Lebensbedarfs. Bei besonders guten wirtschaftlichen Verhältnissen werden regelmäßig nicht alle Einkünfte dem allgemeinen Lebensbedarf, dem Konsum, zugeführt, vielmehr in eine Vermögensbildung investiert. Unterhaltsrechtlich gilt es, eine Abgrenzung dieser Bereiche vorzunehmen. Dem dient die konkrete Bedarfsbemessung.
aa) Erforderlichkeit konkreter Bedarfsbemessung
Die Rechtsprechung und die unterhaltsrechtlichen Leitlinien variieren in der Frage, ab welcher Einkommenshöhe die Notwendigkeit konkreter Bedarfsbemessung besteht. Jüngst hat das OLG Stuttgart dazu entschieden: Bei bereinigten Gesamteinkünften der Eheleute von 8.839 EUR monatlich errechnet sich der Unterhaltsanspruch nach dem Halbteilungsbedarf. Eine konkrete Bedarfsermittlung ist nicht erforderlich.
bb) Bemessung nach den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen
Die konkrete Bedarfsbemessung hat von den bisherigen ehelichen Lebensverhältnissen auszugehen; die für den allgemeinen Lebensbedarf genutzten Einkünfte sind heranzuziehen. Dabei ist ein objektiver Maßstab anzulegen; sowohl eine zu dürftige Lebensführung als auch ein übermäßiger Aufwand bedürfen der Korrektur. Der für eine Korrektur unangemessener Vermögensbildung heranzuziehende Maßstab darf allerdings nicht dazu führen, d...