Der Unterhaltsanspruch des Elternteils, der ein aus einer nichtehelichen Beziehung hervorgegangenes Kind betreut, folgt den Regelungen des Verwandtenunterhalts und hat die dort geltenden Besonderheiten zu beachten. Dies gilt für die Bedarfsbemessung wie die Haftungsverteilung zwischen dem Erzeuger des Kindes und der Person, die aus anderen Rechtsgründen für den Unterhalt des betreuenden Elternteils aufzukommen hat.
1. Bedarfsbestimmung
Der Bedarf richtet sich gem. §§ 1615l Abs. 3 S. 1, 1610 BGB nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils vor Geburt des Kindes. Sie wird durch das nachhaltig erzielte Einkommen geprägt. Die anzunehmende Entwicklung des Einkommens, das der Elternteil ohne die Geburt des Kindes erzielt hätte, ist zu berücksichtigen. Als nachhaltig erzielt kann ein Einkommen nur angesehen werden, wenn es nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft erzielt worden ist. Es kommt auf die nachhaltige Sicherung des Unterhalts durch Erwerbstätigkeit an. Typischerweise kann nach einer Dauer der Erwerbstätigkeit von zwei Jahren von einer nachhaltigen Unterhaltssicherung ausgegangen werden. Einzubeziehen in die Beurteilung sind neben aktiven Beschäftigungszeiten auch solche der Arbeitslosigkeit.
2. Anspruchskonkurrenz
Nimmt die Mutter eines aus einer nichtehelichen Beziehung hervorgegangenen Kindes die vorübergehend aufgelöste eheliche Lebensgemeinschaft wieder auf, ist ihr Anspruch gegen ihren Ehemann auf Familienunterhalt nach § 1360 BGB gegenüber dem Anspruch gegen den Vater des Kindes grundsätzlich nicht vorrangig. Der Anspruch nach § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB verdrängt aber den Anspruch auf Familienunterhalt, wenn bei Nichtgeburt des Kindes die Mutter für ihren Unterhalt hätte selbst aufkommen können.
VII. Unterhaltsverhältnis von Eltern gegenüber ihren Kindern
Im Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern gewinnt die Bestimmung der Leistungsfähigkeit des Kindes für den Unterhalt seiner Eltern vielfach entscheidende Bedeutung. Dabei sind die unterschiedlichen Lebensformen des Kindes zu berücksichtigen, ob es verheiratet ist oder unverheiratet in familiären Strukturen lebt. Stets gewinnen Unterhaltsverpflichtungen des Kindes Bedeutung, die gegenüber dem Anspruch der Eltern gemäß § 1609 BGB vorrangig sind.
Vorrangige Unterhaltsverpflichtungen des Kindes sind bei der Einkommensermittlung und der Bemessung der Leistungsfähigkeit für den Elternunterhalt abzusetzen, so auch der Anspruch nach § 1615l BGB in seiner gesetzlichen Ausprägung. Da sich der Bedarf des Unterhaltsberechtigten bei dieser dem Verwandtenunterhalt zugehörigen Vorschrift allein nach der eigenen Lebensstellung des Unterhaltsberechtigten gem. § 1610 BGB richtet und die Höhe des Betreuungsunterhalts deshalb von einem daneben geltend gemachten Elternunterhaltsanspruch unberührt bleibt, kann der nach § 1615l BGB geschuldete Betreuungsunterhalt ohne Weiteres als sonstige Verpflichtung i.S.d. § 1603 Abs. 1 BGB vorab vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes abgezogen werden.
Geht es bei der zu berücksichtigenden Unterhaltsverpflichtung um einen Unterhaltsanspruch nach dem Ablauf des Basiszeitraums gemäß § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB, kommen regelmäßig nur noch elternbezogene Verlängerungsgründe zum Tragen. Stets muss es um die Betreu ung eines gemeinsamen Kindes gehen. Verlängerungsgründe können darin liegen, dass ein Elternteil das gemeinsame Kind im weiterhin fortdauernden Einvernehmen mit dem anderen persönlich betreut und deshalb ganz oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist, dass die Eltern mit ihrem gemeinsamen Kind zusammengelebt haben und außerdem ein besonderer Vertrauenstatbestand entstanden ist. Beim Elternunterhalt kann das in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelebte Familienmodell unterhaltsrechtlich hinzunehmen sein, es sei denn, die Berufung darauf erscheint rechtsmissbräuchlich. Die Mitwirkung an einer solchen Gestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht zu beanstanden, solange es den berechtigten Interessen innerhalb der Familie entspricht, dass ein Partner zugunsten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet.
Eines Familienselbstbehalts, der sich grundsätzlich nach dem doppelten angemessenen Selbstbehalt beim Elternunterhalt abzüglich 10 % als Vorteil des Zusammenlebens bemisst, bedarf es insoweit nicht. Die Zubilligung des Familienselbstbehalts basiert auf der Prämisse, dass der Unterhaltspflichtige verheiratet ist und sich die Ehegatten Unterhalt schulden. Weil sich die Höhe des – beim Zusammenleben der Ehegatten bestehenden – Anspruchs auf Familienunterhalt allerdings auch nach dem die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden (§ 1578 I BGB) Elternunterhalt richtet, sich beide Ansprüche mithin wechselseitig beeinflussen, kann dem verheirateten Unterhaltspflichtigen ein Familienselbstbehalt belassen werden.