Eheverträge berühren das Thema Nebengüterrecht immer dort, wo es um die Frage ihrer Wirksamkeit geht. Ist ein Vertrag nicht wirksam, erübrigen sich nämlich oft mühevolle Umwege über Innengesellschaft, Zuwendung und Kooperation.
Hierzu ist von folgenden drei Entscheidungen zu berichten:
1. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung zu Unternehmereheverträgen ergänzt und zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen entschieden:
Selbst wenn die ehevertraglichen Einzelregelungen zu den Scheidungsfolgen jeweils für sich genommen den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht zu rechtfertigen vermögen, kann sich ein Ehevertrag im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt.
In subjektiver Hinsicht kann sich die für die Annahme der Sittenwidrigkeit des Ehevertrages notwendige Imparität durch Ausnutzung der sozialen und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ehefrau ergeben. Diese Ausnutzung ergab sich im vorliegenden Fall durch die äußeren Umstände des Abschlusses des Ehevertrags. Entscheidend war, dass die Ehefrau keinen Einfluss auf bzw. sogar nicht einmal überhaupt Zugang zu einem Entwurf des Ehevertrags bis zum Notartermin hatte. Auch nutzte der Ehemann die zeitliche Drucksituation mit dem gerade geborenen Kind bewusst aus, sodass die Ehefrau widerstandslos Folge leistete.
Diese äußeren Umstände des Vertragsabschlusses sind – die Bedeutung dieser Entscheidung wird sich vielleicht erst in der Zukunft zeigen – zumindest teilweise über die Fallgruppe der Unternehmerehe hinaus verallgemeinerungsfähig. Dies gilt insbesondere für die Unterlassung, dem benachteiligten Ehegatten vor der Beurkundung einen Entwurf zu übermitteln. Hier muss dem benachteiligten Ehegatten, der ja zu einem Umstand, der nicht stattgefunden hat, nichts weiter vortragen kann, eine abgestufte bzw. sekundäre Darlegungslast eingeräumt werden: Bestreitet er den Erhalt eines Entwurfs, sollte der andere Ehegatte darlegen und beweisen müssen, wann und auf welchem Weg dieser denn übermittelt worden sein soll. Umständen wie der Anwesenheit des Kleinkindes bei der Beurkundung sollte hingegen allenfalls untergeordnete Bedeutung zukommen. Die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung zur Inhalts- und Ausübungskontrolle scheint jedenfalls zu Recht noch lange nicht abgeschlossen.
2. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte sich mit dem – sicher oft übersehenen! – Problem der Gesamtbeurkundung zu befassen und hob die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Kassel unter Zurückverweisung auf. Die Parteien stritten im isolierten Güterrechtsverfahren zunächst um die Kontrollfestigkeit eines Gütertrennungsvertrages (Schwangerschaft bei Vertragsschluss, wer hatte Gütertrennung verlangt u.a.). Als die geschiedene Ehefrau eine nicht beurkundete Nebenabrede vortrug, wurde dies von der Gegenseite zunächst nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich bestätigt, nämlich die zugrunde liegende Motivation dargelegt. Hiervon nahm sie später mit der Behauptung Abstand, es habe sich um unwahren, eigenmächtigen und vom Mandanten nicht autorisierten Anwaltsvortrag gehandelt. Damit hatte sie keinen Erfolg, weil dieser Vortrag die Voraussetzungen des prozessualen Geständnisses erfüllte und die spätere Einlassung gemäß § 113 FamFG, § 290 ZPO unerheblich war. Die Folge: Die parallel geltend gemachte Inhaltskontrolle muss nicht mehr erfolgen, es kommt auf sie nicht an – der Zugewinnausgleich wird trotz Gütertrennungsklausel durchgeführt.
Hinweis
Dies zeigt, wie wichtig es ist, Eheverträge auf Mängel außerhalb der Inhalts- und Ausübungskontrolle zu prüfen.
3. Schließlich ist noch eine Entscheidung des OLG Oldenburg zu erwähnen, die auf die Sittenwidrigkeit des Vertrages erkannt hat, weil sich die verwerfliche Gesinnung des Ehemannes aus verschiedenen Umständen ergab, auch und insbesondere aus der bei der Beurkundung bestehenden Schwangerschaft, dem Altersunterschied, der unterschiedlichen Lebenserfahrung und der unterschiedlichen Bildung, einem Ausbildungsverhältnis. Objektiv war in den Kernbereich eingegriffen worden hinsichtlich des Versorgungsausgleichs und des nachehelichen Unterhalts (keine Teilhabe am Einkommen des Mannes mehr ab dem achten Lebensjahr des jüngsten Kindes). Auch der Zugewinnausgleich, der nach der BGH-Rechtsprechung nicht im Kernbereich steht, war ausgeschlossen.
Hinweis
Dies zeigt einmal mehr, dass es auch wichtig ist, die Vertragskontrolle auf die "Kernbereichsfolgesachen" zu erstrecken, um über § 139 BGB Erfolg bei der Gütertrennung oder der modifizierten Zugewinngemeinschaft zu haben.