Ist der Zugewinn im Verbund geltend gemacht worden – sei es aus taktischen Gründen oder in Verkennung der sich hieraus ergebenden Verfahrensverzögerung und der Zinsnachteile –, so scheint bei einem länger dauernden Verfahren eine Lösung aus dem Verbund unmöglich zu sein. Viel fach wird das Gericht einem Abtrennungsantrag nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG nicht stattgeben. Zumeist erscheint dann eine – unter Umständen finanziell sehr nachteilige – einvernehmliche Regelung die einzige Möglichkeit zu sein, das Scheidungsverfahren zeitnah zu beenden. Weit gefehlt! In der Praxis wird – vielfach unbeachtet – von der Möglichkeit, über einen vorzeitigen Zugewinnausgleichsantrag eine Abtrennung zu erzwingen, kein Gebrauch gemacht.
Gemäß § 1385 Nr. 1 BGB ist ein vorzeitiger Zugewinnausgleich bei einem dreijährigen Getrenntleben möglich. Dies gilt für jeden der Beteiligten, wie sich eindeutig aus § 1386 BGB ergibt. Insbesondere kann selbst der Verpflichtete einen entsprechenden Antrag stellen, sofern ihm unbedingt daran gelegen ist, das Ehescheidungsverfahren zügig zu beenden. Entgegen einer vereinzelt vertretenen Ansicht muss nicht etwa noch ein berechtigtes Interesse hinzukommen. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber ein solch zusätzliches Merkmal gefordert hätte. Ein derartiger Antrag auf vorzeitigen Zugewinn kann nicht als Folgesache in den Verbund eingebracht werden. Er muss vielmehr im Rahmen eines getrennten Verfahrens verfolgt werden. Der diesbezügliche Antrag wird dahingehend gestellt, dass das Gericht im Rahmen eines Gestaltungsbeschlusses feststellt, dass "der Zugewinn vorzeitig beendet wird". Mit Rechtskraft des Beschlusses tritt die Beendigung des Güterstandes ein (vgl. § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB). Dies führt dazu, dass der Zugewinn nicht mehr für den Fall der Scheidung vom Gericht zu entscheiden ist. Mit anderen Worten: Der Zugewinn verliert seine Qualität als Folgeantrag. Er kann damit das Ehescheidungsverfahren nicht mehr verzögern. Das Gericht muss – und kann nicht etwa nur nach seinem freien Ermessen wie bei § 140 FamFG – den Zugewinn abtrennen. Teilweise wird dies aus § 141 FamFG (analog) geschlossen. Zu Recht weist Schneider aber darauf hin, dass diese Rechtsfolge sich doch schon aus § 148 ZPO ergibt. Nach Ansicht des BGH muss in den Fällen, in denen von vornherein zu Unrecht ein Anspruch als Folgesache geltend gemacht wurde, das Gericht diesen Antrag abtrennen. Dies hat dann doch erst recht für den Fall zu gelten, dass der Zugewinn zu Recht ursprünglich Folgesache war, im Nachhinein aber erst diese Qualität verloren hat. Dies führt auch dazu, dass die abgetrennte Folgesache kostenmäßig erneut abzurechnen ist.
Insoweit steht dem Anwalt ein Wahlrecht zu, wie er die Abrechnung vornimmt. Entweder kann er die beiden Gegenstandswerte (Scheidung und Zugewinn) zusammen abrechnen. Alternativ kann er eine getrennte Abrechnung durchführen. Diese zweite Abrechnungsmethode führt regelmäßig zu einer erheblichen Ausweitung der Kosten. Der Mandant ist darüber zu belehren.
Zu beachten ist, dass die Gegenseite vorher entsprechend aufgefordert werden muss, dem vorzeitigen Zugewinnausgleich zuzustimmen; ansonsten sind Kostennachteile unausweichlich. Entweder soll die Gegenseite dem in einer notariellen Urkunde zustimmen. Alternativ kann die Gegenseite aufgefordert werden, nach ihrer Wahl in einem gerichtlichen Zwischenvergleich zur Ehesache das Einverständnis zu erklären. Hierbei ist die kostenrechtliche Seite zu beachten. Bei der Notarurkunde wird in der Praxis teilweise davon ausgegangen, dass § 100 Abs. 1 GNotKG anzuwenden sei. Damit wäre nicht nur der Zugewinnbetrag, sondern sogar das gesamte Vermögen der Eheleute für den Gegenstandswert maßgebend. Keineswegs ist dieser mit dem Zugewinn identisch. Das Vermögen der Gegenseite ist beim Zugewinn gegenzurechnen. Außerdem kann Anfangsvermögen auf einer oder beiden Seiten dazu führen, dass das Vermögen zwar verhältnismäßig hoch, der Zugewinn aber gering ist. Mit dem Notariat sollte vorab geklärt und abgestimmt werden, ob nicht doch von § 100 Abs. 2 GNotKG auszugehen ist. Im Zweifel wird bei einem Verfahren vor Gericht ein für den Mandanten wesentlich günstigerer Gegenstandswert angesetzt werden.
Die Praxis zeigt indes ohnehin: Derartige Aufforderungen werden in der Regel gänzlich ignoriert. Alternativ: Es wird geantwortet, dass doch bereits ein Verfahren (Ehesache mit Folgeantrag) vorliege. Deswegen bestehe angeblich doppelte Rechtshängigkeit. Genau dies ist aber unzutreffend. Rechtshängig ist im Scheidungsverfahren der Zugewinn als Folgesache im Rahmen eines Zahlungsanspruches und zwar entweder als Zahlungsanspruch oder als Stufenantrag. Der vorzeitige Zugewinnausgleich ist demgegenüber ein Gestaltungsantrag. Insoweit liegt also gar keine doppelte Rechtshängigkeit vor. Man muss auch nicht befürchten, dass auf diese Weise der u.U. günstige Stichtag für eine Zugewinn...