Dieser Beispielsfall macht das ganze Dilemma deutlich, in welches der Antragsteller gerät, wenn ein Folgeantrag ohne Abwägen der Chancen und Risiken gestellt wird. Einmal im Verbund bedeutet immer im Verbund. Die Chancen, eine Abtrennung gemäß § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG zu erreichen, hängen davon ab, ob der Richter im Rahmen des ihm eingeräumten freien Ermessens die gesetzlichen Voraussetzungen bejaht. Neben einer Zeitspanne von 2 bis 3 Jahren für das Verfahren muss eine Unzumutbarkeit bestehen. Gerade hieran wird es oftmals scheitern. Zudem besteht die Besonderheit, dass ein ablehnender Beschluss zur Abtrennung nach der Rechtsprechung des BGH nicht einmal rechtsmittelfähig ist.
Mit anderen Worten: Der Antragsteller hat sich in eine taktisch äußerst ungünstige Position begeben. Den zeitlichen Ablauf des Verfahrens kann er nicht mehr selbst bestimmen. Dies führt zu empfindlichen Nachteilen bei der Zinsberechnung. Die Zugewinnausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstandes, vgl. § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB. Im Beispielsfall ist dies die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses. Bei einem Zinssatz von derzeit ca. 4 % (der Zinssatz lag auch schon einmal viel höher!) bedeutet dies im Beispielsfall für die Antragstellerin mindestens einen Zinsverlust in Höhe von 8.000 EUR pro Jahr, unterstellt man nur einmal den Vortrag der Gegenseite. Nach dem eigenen Vortrag beträgt der Zinsverlust sogar ca. 20.000 EUR jährlich.
Ein Antragsteller muss erhebliche Einbußen einkalkulieren, wenn er das Scheidungsverfahren alsbald beenden will, um überhaupt die Fälligkeit herbeizuführen. Durch eine zeitlich ungeschickte Antragstellung macht er sich zu einem Spielball der Gegenseite – und leider auch manchmal des Gerichts. Die gesamte Situation verschlimmert sich vor allen Dingen dann, wenn als Folgesache nicht – wie im Beispielsfall – eine Zahlung, vielmehr ein Stufenantrag mit einem vorherigen Auskunftsbegehren gestellt wird. Bedingt durch die Güterrechtsnovelle im Jahre 2009 haben gerade Auskunftsanträge eine besondere Bedeutung erlangt. Sie sind ein probates Mittel geworden, die Fälligkeit des Zugewinns auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Nunmehr gibt es ja Auskunftsansprüche zu drei Zeitpunkten: Anfangsvermögen, Trennungszeitpunkt und Endvermögen. Diese Ansprüche – auf beiden Seiten gestellt – machen bereits sechs Auskunftsansprüche aus. Nimmt man den Wertermittlungsanspruch (§ 1378 Abs. 1 S. 3 BGB) hinzu, ergeben sich sogar zwölf Ansprüche. Oftmals lässt sich ein Beleganspruch erst dann spezifizieren, nachdem die Auskunft erteilt ist.
Der in der Praxis vielfach verwendete pauschale Antrag, die Gegenseite zur Vorlage von Belegen zu verpflichten, ist unzulässig. Er ist nicht hinreichend bestimmt und damit nicht vollstreckbar. In extremen Fällen kann dies daher zu 24 Auskunftsansprüchen führen. Befindet sich die Sache im Verbund, kann – ggf. auch noch über zwei Instanzen – der Zugewinnausgleich somit alleine durch Auskunftsansprüche um Jahre verzögert werden, zumal nach der Rechtsprechung ein Wechsel von einem Zahlungs- zu einem Auskunftsanspruch jederzeit möglich ist. Selbst eine dritte Instanz ist bei einem Auskunftsanspruch vorstellbar. Unterliegt der Antragsgegner in erster Instanz mit seinem Abweisungsantrag, wird eine Beschwerde gegen diesen Beschluss erfahrungsgemäß in zweiter Instanz keinen Erfolg haben. Regelmäßig verneinen Beschwerdegerichte die Zulässigkeit einer Beschwerde, weil die Beschwerdegrenze von 600 EUR nicht erreicht wird. Hiergegen kann er sich aber mit einer Rechtsbeschwerde wenden. Zulässigkeitsvoraussetzung für ein solches Rechtsmittel ist in diesem Fall nicht einmal eine Zulassung des Gerichts (vgl. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO). Diese Verfahren dümpeln dann zumeist ein halbes bis ein Jahr beim BGH vor sich hin.
Fazit: Sofern keine sonstigen Folgesachen anhängig gemacht werden sollen, ist ein Zugewinnantrag im Verbund für den Anspruchsteller eine gravierende Fehlentscheidung.
Umgekehrt ist zu beachten: Sofern der Antragsgegner keinen Wert auf eine alsbaldige Scheidung legt und er zu Recht eine Zinsbelastung scheut, sollte er von sich aus einen negativen Feststellungsantrag als Folgesache anhängig machen. Ein solcher Antrag ist zulässig. In der Regel werden vor Einreichung des Scheidungsantrages Vorstellungen zur Höhe eines Zugewinnausgleichsanspruchs entwickelt. Dies geschieht vor allem, nachdem die Auskünfte erteilt wurden. In einem solchen Fall, bei dem der vermeintliche Zugewinnausgleichsantrag zu hoch angesetzt wird, sollte diese paradox anmutende Vorgehensweise erwogen werden. So kann verhindert werden, dass die Zinsuhr bereits mit einem frühzeitigen Scheidungsbeschluss "tickt". Zuvor besteht für den Antragsgegner die Möglichkeit, entweder seinerseits seine Auskunftsansprüche extensiv zu verfolgen oder den Auskunftsansprüchen der Gegenseite allenfalls zögerlich nachzukommen.