Ganz allgemein definiert ist "caducité" ein Mechanismus, der eine wirksame Handlung aufgrund des Fehlens einer notwendigen Voraussetzung beseitigt. Die "Hinfälligkeit" zieht einen vorzeitigen Verfahrensverlust nach sich, wenn sie nicht irgendeinen beliebigen Teil des Verfahrens (wie etwa die Bestimmung eines Sachverständigen nach Art. 271 NCPC) betrifft, sondern dessen Entstehungsakt. Art. 406 und 407 NCPC sind dem allgemeinen Rahmen der "caducité" gewidmet.[4]

Die "caducité" ist nach Rspr. und Lehre weder Einwendung ("exception de procédure") noch Zulässigkeitsvoraussetzung ("fin de non-recevoir"). Hingegen stellt sie eine gesetzlich angeordnete Sanktion ("sanction légale")[5] dar, die den alleinigen Zweck hat, die vorübergehenden Maßnahmen ("mesures provisoires") für die Zukunft zu unterbinden.

Der Pariser Gerichtshof (Cour d'appel de Paris) hat in einer Entscheidung vom 11.7.1985 bereits die "caducité" als Sanktion qualifiziert, die lediglich die vorübergehenden Maßnahmen betrifft, welche der Familienrichter angeordnet hat. Die "caducité" ist im Ergebnis eine Maßnahme, die sich als Sanktion gegen die Nachlässigkeit der Eheleute auffassen lässt und die auch der Behelfsmäßigkeit bzw. der provisorischen Natur ("caractère provisoire") dieser Maßnahmen geschuldet ist. Daher sind diese Maßnahmen auch nicht für unbestimmte Zeit bzw. für ewig bestimmt, da sie die Eheleute zunächst zwar dazu bewegen sollen, ihre faktische Trennung voneinander zu organisieren. Das Hauptziel, die Scheidung, darf indes nicht aus dem Blickfeld rücken. In dem Maße, wie jeder Ehepartner dazu berechtigt ist, in der von Art. 1113 Art. 2 NCPC festgesetzten Frist die Scheidung voranzutreiben, ist auch die Sanktion der "caducité" zu erklären. Denn jeder Ehepartner kann die "caducité" herbeiführen oder mittels Handlung innerhalb der dreißig Monate, dazu beitragen, dass diese gesetzlich angeordnete Sanktion nicht eintritt.[6]

[4] Definition nach Guinchard (Dir.), Droit et pratique de la procédure civile, Dalloz Action 2006/2007, Paris 2006, Rn 352.450:

La caducité est un mécanisme qui fait disparaître pour l'avenir un acte valable en raison de la défaillance d'une condition nécessaire à sa survie. Elle provoque une extinction anticipée de l'instance lorsqu'elle frappe non point n'importe quel élement de la procédure (p. ex. désignation d'un expert, art. 271 NCPC) mais l'acte introductif d'instance. Deux dispositions générales lui sont consacrées par le NCPC: ses articles 406 et 407.

[5] Cadiet, Droit judiciaire privé, 3. Aufl. Paris 2000, Rn 1368; Buffelan-Lanore, Essai sur la notion de caducité des actes juridiques en droit civil, LGDJ 1963.
[6] Cour de Paris, 11.7.1985, in: D. (= Dalloz) 1986, inf. rap. (informations rapides), S. 16–20, hier S. 17–18 (Kommentar von Groslière).

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