BGB § 1603
Leitsatz
Aufwendungen des gesteigert unterhaltspflichtigen Elternteils für eine zusätzliche Altersversorgung und eine Zusatzkrankenversicherung sind unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigungsfähig, wenn der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind andernfalls nicht aufgebracht werden kann.
BGH, Urt. v. 30.1.2013 – XII ZR 158/10 (OLG Brandenburg, AG Frankfurt/Oder)
1 Tatbestand:
[1] Die Parteien streiten um Kindesunterhalt.
[2] Die am 11.1.2006 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Sie lebt bei ihrer Mutter.
[3] Der Beklagte ist erwerbstätig; er bewohnt seit dem 17.5.2010 mit seiner Lebensgefährtin eine gemeinsame Wohnung.
[4] Die Klägerin hat den Beklagten im Wege der Stufenklage auf Zahlung von Unterhalt für die Zeit ab November 2009 in Anspruch genommen. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hält sich mit Rücksicht auf die ihm entstehenden berufsbedingten Aufwendungen sowie wegen seiner Leistungen für eine zusätzliche Altersversorgung sowie eine Zahnbehandlungskosten betreffende zusätzliche Krankenversicherung nicht für leistungsfähig.
[5] Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von monatlichem Unterhalt in Höhe von 130 EUR ab November 2009 verurteilt. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt, das Urteil mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass der Unterhalt bis einschließlich September 2010 an das Jobcenter Frankfurt/Oder gezahlt werde. Das Berufungsgericht hat der Berufung teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, für November und Dezember 2009 monatlich 104 EUR, für Januar bis Mai 2010 monatlich 111 EUR und ab September 2010 monatlich 130 EUR, zahlbar bis einschließlich September 2010 an das Jobcenter und im Übrigen an die Klägerin, zu zahlen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Beklagten, mit der er sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt.
2 Gründe:
[6] Die Revision hat keinen Erfolg.
I. [7] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[8] Auf Seiten der Klägerin bestehe jedenfalls ein Unterhaltsbedarf in Höhe des Mindestunterhalts von monatlich 281 EUR bis Dezember 2009 und von monatlich 317 EUR ab Januar 2010. Nach bedarfsdeckender Anrechnung des hälftigen Kindergeldes verbleibe ein ungedeckter Bedarf von monatlich 199 EUR in den Monaten November und Dezember 2009 und von monatlich 225 EUR ab Januar 2010. Der Beklagte sei allerdings nur eingeschränkt leistungsfähig. Ausweislich der vorgelegten Lohnbescheinigungen habe er 2009 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.041 EUR erzielt. Für 2010 sei von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 1.048 EUR auszugehen. Berufsbedingte Aufwendungen (Fahrtkosten zur Arbeitsstelle) seien mit monatlich 37 EUR in Abzug zu bringen. Eine (fiktive) Steuererstattung sei nicht zu berücksichtigen. Eine solche könne in nennenswertem Umfang nur auf der Berücksichtigung beschränkt abzugsfähiger Sonderausgaben/Vorsorgeaufwendungen beruhen. Da solche unterhaltsrechtlich aber nicht anzuerkennen seien, erscheine es unbillig, dem Beklagten fiktiv eine ohnehin nur geringfügige Steuererstattung zuzurechnen.
[9] Aufwendungen für eine zusätzliche Altersversorgung seien nicht vom Einkommen des Beklagten in Abzug zu bringen. Eine wie hier bestehende gesteigerte Unterhaltspflicht erlege Eltern vor allem auf, das Existenzminimum des Kindes sicherzustellen. Die besonderen Anforderungen, die insoweit an den Unterhaltsschuldner gestellt würden, beträfen nicht nur die Pflicht zur gesteigerten Ausnutzung der Arbeitskraft. Vielmehr ergäben sich hieraus auch Auswirkungen auf die Frage, welche finanziellen Belastungen des Unterhaltsschuldners bei der Prüfung seiner Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien. Insoweit sei es geboten, der Sicherung des Mindestunterhalts des minderjährigen Kindes Vorrang vor dem Interesse des Unterhaltsschuldners einzuräumen, zusätzliche Altersvorsorge zu betreiben. Soweit der Mindestunterhalt des Kindes nicht sichergestellt sei, sei dieses regelmäßig auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen. Demgegenüber habe der zeitweise Verzicht auf eine zusätzliche Altersvorsorge nicht zwingend zur Folge, dass der Unterhaltsschuldner seinerseits im Alter sozialleistungsbedürftig werde. Seine Einbuße bestehe darin, dass er seinen Lebensstandard im Alter nicht unbedingt aufrechterhalten könne. Im Hinblick darauf sei eine zusätzliche Altersversorgung nicht berücksichtigungsfähig, solange der Unterhaltspflichtige nicht in der Lage sei, den Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind zu zahlen. Dasselbe gelte hinsichtlich der privaten Zusatzkrankenversicherung. Auch insoweit müssten die Interessen des Unterhaltsschuldners hinter denjenigen des Kindes zurückstehen.
[10] Danach errechne sich ein bereinigtes Einkommen des Beklagten von 1.004 EUR (1.041 EUR abzüglich 37 EUR) für 2009 und von 1.011 EUR (1.048 EUR abzüglich 37 EUR) ab Januar 2010. Dieses Einkommen sei für den Kindesunterhalt einzusetzen, soweit es de...