Katrin LackSchriften zum deutschen, europäischen und vergleichenden Zivil-, Handels- und Prozessrecht, Band 256, 2012, 612 S., 139 EUR, Verlag Gieseking, ISBN 978-3-7694-1102-7
Die unter Obhut von Prof. Salgo geschriebene Dissertation ist ein voluminöses Werk geworden, das die neuere Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur zum Kinderschutz durchdringt. Ziel der Arbeit ist, die Rechtsgrundlagen der verschiedensten Berufsfelder darzustellen, die Regelungsbereiche miteinander zu verknüpfen, noch bestehende Defizite der gesetzlichen Regelungen aufzuzeigen und zugleich die Grenzen der Gesetzgebung herauszustellen (so das Vorwort).
Die 16 Seiten lange Inhaltsübersicht ist klar und übersichtlich und ermöglicht, auch ohne Stichwortverzeichnis schnell fündig zu werden, wenn konkrete Fragen zu bearbeiten sind. Hierzu tragen u.a. auch zahlreiche Zusammenfassungen bei.
Teil 1 als Einführung überschrieben, stellt dar, wie die Gesellschaft in unserer Zeit ihr Denken und Handeln über Ehe und Familie schnell und nachhaltig verändert hat und zunehmend Kinderrechte und Schutzansprüche von Kindern respektiert oder zumindest toleriert, der Schutz von Kindern Bestandteil unserer Kultur geworden ist.
Teil 2 schildert sodann, wie der Staat als sozialer Rechtsstaat ermächtigt ist, Kinder als unterlegene Familienmitglieder zu schützen und zu fördern, wobei die gesetzlichen Regelungen sich einander überschneiden.
Teil 3 geht näher auf verfassungsrechtliche Fragen ein. Zum Wohl des Kindes wird ausgeführt: Wie der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe es, ohne im GG ausdrücklich genannt zu sein, Verfassungsrang (S. 89). Wie weiter dargelegt wird, ist es entbehrlich, den Verfassungstext um speziell den Kindern zugewiesene Grundrechte zu erweitern, besteht verfassungsrechtlich kein Handlungsbedarf (S. 74 ff.).
Bei den einfachgesetzlichen Schutzmechanismen, die in den folgenden Teilen nun dargestellt werden, geht die Autorin in Teil 4 zunächst auf das Zivilrecht zu. Im Rahmen von § 1626a BGB erörtert sie erneut das schon im dritten Teil angesprochene Kindeswohl, diesmal als unerlässlichen, wenn auch wenig konkreten Maßstab für die Ausübung der elterlichen Sorge. Weiter erläutert sie die Ausgestaltung verfassungsrechtlicher Vorgaben durch das Sorgerecht, insbesondere die Gefahren für das Kindeswohl durch das Konzept der gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge – vor allem, wenn eine Kindeswohlprüfung nicht stattfindet (S. 121–135). Sodann wird eingehend § 1631 Abs. 2 BGB kommentiert – eine Vorschrift, der primär appellative Wirkung zukommt. Am ausführlichsten behandelt das Buch schließlich § 1666 BGB. Wenngleich nach Art eines Kommentars nicht jede Frage zu dieser Vorschrift diskutiert wird, werden zumindest die wichtigsten Kern- und Streitfragen eingehend und meist tiefschürfend erörtert. Sehr lesenswert sind die Ausführungen zur jüngeren Rechtsprechung des BVerfG hinsichtlich von Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (S. 226–246). Dieser Rechtsprechung zufolge sind die Anforderungen des BVerfG bei dem vollständigen oder teilweisen Entzug der elterlichen Sorge bedenklich hoch.
Teil 5 betrifft Schutzmechanismen im Verfahrensrecht und geht hier näher auf die Rechtsstellung des Kindes ein, das Verfahren in Kindschaftssachen sowie die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. Insgesamt bringt der Autorin zufolge das FamFG für den Kinderschutz keine nachhaltigen Verbesserungen – eher Klarstellungen und Präzisierungen. Trotz grundsätzlicher Bedenken gegen eine zu schnelle Terminierung ist die Normierung des Vorrang- und Beschleunigungsgebots allerdings tauglich, zu einer schnelleren Entscheidungsfindung beizutragen und so den Kinderschutz effektiver zu machen. Die jetzige Regelung der Vollstreckung im FamFG wird begrüßt; sie bringt größere Klarheit. Kritisiert wird jedoch, dass nach § 90 Abs. 1 Satz 2 FamFG unmittelbarer Zwang in Betracht kommt, obwohl der vorangehende Satz 1 unmittelbaren Zwang zur Ausübung des Umgangsrechts ausdrücklich untersagt (S. 327 ff.).
Der sehr ausführliche Teil 6 (S. 337–515) behandelt die einfachgesetzlichen Schutzvorschriften auf Bundesebene, soweit es um das Sozialrecht geht. Die meisten Leser dieser Zeitschrift wird dieser Teil weniger interessieren. Als Ergebnis ist hier indes festzuhalten: Der Gesetzgeber stößt an etlichen Punkten an die Grenzen seiner Möglichkeiten; die gesetzgeberischen Möglichkeiten sind jedoch noch nicht völlig ausgeschöpft.
Teil 7 schildert auf 52 Seiten die einfachgesetzlichen Schutzmechanismen auf Landesebene – im Gesundheitswesen und im Schulwesen.
Teil 8 bringt nach einer Gesamtzusammenfassung einen Ausblick zur notwendigen Weiterentwicklung einzelner rechtlicher Grundlagen im Kinderschutz sowie Eckpunkte für die effektive Umsetzung der gesetzlichen Regelungen im Kinderschutz. – Als abschließendes Ergebnis der sehr eingehenden Untersuchung wird festgehalten: Das gesetzliche Kinderschutzsystem ist in Deutschland insgesamt gut ausgebaut, wenn auch die gesetzgeberischen Möglichkeiten no...