Grundlage der Regelung des § 1579 BGB ist die Fortwirkung der ehelichen Loyalität: Was jedem Einzelnen recht und billig ist, wird dem (geschiedenen, zumindest aber getrennt lebenden) Ehegatten zwar nicht verwehrt, aber mit dem Wegfall oder der Reduzierung des Unterhalts sanktioniert. Dies kann vom Ansatz her auch durch die Erstattung einer wahrheitsgemäßen Anzeige geschehen – wie auch durch die Nichtgeltendmachung prozessualer Rechte und die wahrheitsgemäße Mitteilung an beliebige Dritte –, sofern sie nur mit schwerwiegenden materiellen oder immateriellen Nachteilen/Gefahren für den Unterhaltsverpflichteten verbunden ist und seine Inanspruchnahme auf Zahlung des Unterhalts "grob unbillig" wäre. Lässt man diese weiteren Voraussetzungen einmal unerörtert, kommt es zunächst ganz entscheidend darauf an, wann eine Strafanzeige "mutwillig" ist oder ein "einseitiges Fehlverhalten" darstellt.
Nach herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung soll ein solcher Fall – unabhängig von der Wahrheit, Begründetheit oder Berechtigung der Strafanzeige – dann vorliegen, wenn der Unterhaltsberechtigte aus Rachsucht handelt, die Anzeige "nur den Sinn hat, dem Betroffenen zu schaden, oder sein Verhalten durch Hartnäckigkeit und besondere Intensität gekennzeichnet ist. In der eingangs dargestellten prozessualen Ausgangssituation handelt der Unterhaltsberechtigte aber nicht aus Rache, er will sich strafprozessual auch nicht hartnäckig und besonders intensiv betätigen, sondern nur den gegnerischen Parteivortrag einer strafrechtlichen Ahnung zuleiten, was immerhin sein gutes Recht ist – wenn man einmal von § 1579 BGB absieht."
In diesem Zusammenhang wird oft eine Entscheidung des AG Aachen erwähnt, die der Unterhaltsberechtigten wegen der Strafanzeige den Unterhaltsanspruch abspricht:
Zitat
"Sie hat schon bei der Strafanzeige erkennen lassen, dass sie aus Enttäuschung über den bisherigen Ausgang des Scheidungsverfahrens – insbesondere zur Frage des Unterhalts – die Strafanzeige erstattet hat. …"
Die Beklagte handelte auch mutwillig i.S.d. genannten Bestimmung, das heißt unterhaltsbezogen. Noch in der mündlichen Verhandlung … hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie sich mittels der Strafanzeige Unterlagen verschaffen wollte, um "Beweise" über die Höhe des Einkommens und des Vermögens des Klägers zu haben. Sie handelte auch zur weiteren Vorbereitung im Rahmen der Geltendmachung des Zugewinnausgleichs.“
Richtigerweise kommt es im Rahmen der Nr. 5 im Gegensatz zu Nr. 4 jedoch gerade nicht auf die Unterhaltsbezogenheit der Mutwilligkeit an. Zum anderen heißt es in der Entscheidung des AG Aachen:
Zitat
"Nichts spricht dafür, dass die von der Beklagten erhobenen Vorwürfe den Tatsachen entsprechen.“"
Demnach handelte es sich nach der Einschätzung des Familiengerichts gerade nicht um eine berechtigte, begründete Strafanzeige. Wer sie erstattet, dem kann es nicht zugute kommen, dass er seine familienrechtliche Situation verbessern will.
Das OLG Köln kam als Berufungsgericht trotzdem zur Verneinung der Verwirkung und hob das Urteil des AG Aachen auf: Die Anzeigeerstattung werde nicht dadurch entschuldigt, dass die Unterhaltsberechtigte sich
Zitat
"mit Hilfe einer Anzeige eine bessere Rechtsposition bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche – Zugewinn und Unterhalt – verschaffen wollte … Ein schwerer Schuldvorwurf dürfte ihr jedoch bereits deswegen nicht zu machen sein, weil es ihr nicht darum ging, der Person des Klägers selbst Schaden zuzufügen. … Im Ergebnis stellt das Vorgehen der Beklagten damit den untauglichen Versuch dar, mit Hilfe einer Anzeige und damit über die Einschaltung einer Ermittlungsbehörde zusätzliche Erkenntnisse über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers zu erhalten, um hiermit vermögensrechtliche Ansprüche in dem aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Zugewinnausgleichsverfahren besser belegen und durchsetzen zu können bzw. eine Erhöhung des nur kurze Zeit vorher ausgeurteilten in ihren Augen zu geringen Unterhalts zu erreichen."
Die Erstattung einer Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung in der Absicht, daraus zusätzliche Erkenntnisse über Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ehegatten im Unterhaltsprozess und Zugewinnverfahren zu erhalten, ist also unterhaltsschädlich, wenn es der Unterhaltsberechtigten darum ging, dem Unterhaltsverpflichteten zu schaden (Schädigungsabsicht/Rache). Dies gilt allerdings nicht, wenn dieser Versuch untauglich ist und damit zu keiner Vermögensgefährdung beim Unterhaltsverpflichteten führen kann.
Im Fall des OLG Celle heißt es:
Zitat
"Jedenfalls dann, wenn sich das Verhalten der Kindesmutter aus dem Blickwinkel eines objektiven und besonnenen Betrachters unter verständiger Würdigung der Interessen des betroffenen Kindes so darstellt, als sei es der Kindesmutter neben der Wahrheitsfindung auch um eine Verbesserung ihrer Rechtsposition in einem familiengerichtlichen Verfahren gelegen, kann hierin ein schwerwiegendes und unterhaltsrechtliche Folgen re...