II. Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" ist wettbewerbswidrig, weil damit die Gefahr einer Verwechslung mit der Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt" begründet wird. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin wegen der Verwechslungsgefahr nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. den §§ 3, 4 Nr. 11, 5 Abs. 1 Nr. 3 UWG i.V.m. § 43b BRAO und § 7 Abs. 2 BORA zu.
1. Die Rechtsanwaltskammer ist als ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die Möglichkeit, zivilrechtlich gegen berufswidrige Maßnahmen vorzugehen, besteht dabei als Alternative neben den berufsaufsichtsrechtlichen Befugnissen der Kammer. Einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen, ist dabei ein schnellerer und einfacherer Weg zur Abwehr berufswidrigen Verhaltens. Eine Unterlassungsklage gegen Kammermitglieder setzt zwar voraus, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist. Bei unlauterer Werbung ist ein Einschreiten im Wege der Unterlassungsklage aber verhältnismäßig, denn es droht eine Beeinträchtigung der Mitbewerber und der Verbraucher (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.5.2009 – 6 U 49/08, zitiert nach Juris).
2. In der Werbung des Beklagten auf dem Briefkopf der Kanzlei liegt eine geschäftliche Handlung, die objektiv geeignet ist, den eigenen Wettbewerb zu fördern (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG).
3. Mit der Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" handelt der Beklagte § 43b BRAO und § 7 Abs. 2 BORA und damit einer Marktverhaltensregel des § 4 Nr. 11 UWG zuwider, die im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten regeln soll (vgl. zur Einordnung als Marktverhaltensregel Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 4 Rn 11.85). Hieraus folgt, dass die Werbung des Beklagten i.S.d. § 3 UWG unlauter ist.
a) Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht nicht entgegen, dass nach Art. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken diejenigen Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken vollständig harmonisiert werden sollen, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Nach Art. 3 Abs. 8 der Richtlinie bleiben alle spezifischen Regeln für reglementierte Berufe unberührt, damit die strengen Integritätsstandards gewährleistet bleiben, die die Mitgliedstaaten den in dem Beruf tätigen Personen nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts auferlegen können. Dementsprechend ist die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG auf berufsrechtliche Bestimmungen, die das Marktverhalten in gemeinschaftsrechtskonformer Weise regeln, auch weiterhin zulässig (BGH, Urt. v. 29.7.2009 – I ZR 166/06, GRUR 2009, 1077 Rn 21 = WRP 2009, 1380 – Finanz-Sanierung; Urt. v. 4.11.2010 – I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 Rn 23 = WRP 2011, 742 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker).
b) Die Vorschriften der §§ 43b BRAO und 7 Abs. 2 BORA stellen Berufsausübungsregelungen dar, welche nur zulässig sind, soweit sie mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG vereinbar sind. Sie müssen daher durch Gemeinwohlerwägungen gedeckt sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dementsprechend sind sie verfassungskonform dahin auszulegen, dass nur die berufswidrige Werbung unzulässig ist.
c) Nach § 7 Abs. 2 BORA sind Benennungen nach § 7 Abs. 1 BORA unzulässig, soweit sie die Gefahr einer Verwechslung mit Fachanwaltschaften begründen.
Die vom Beklagten gewählte Bezeichnung "Spezialist für Familienrecht" ist verwechslungsfähig mit der Bezeichnung "Fachanwalt für Familienrecht" (vgl. LG München, Urt. v. 9.2.2010 – 33 O 427/09, zitiert nach Juris m.w.N.; Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn 11.100). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, welcher der Situation die angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, ist nicht in der Lage, hinreichend zwischen einem Fachanwalt und einem Spezialisten zu unterscheiden. Der angesprochene Verkehr kennt die Voraussetzungen, an die das Führen einer Fachanwaltsbezeichnung geknüpft ist, im Regelfall nicht und kann deshalb auch nicht zwischen den genannten Bezeichnungen unterscheiden. Zwischen beiden Bezeichnungen besteht zudem eine große sprachliche Nähe. In Duden online werden als Synonyme für den Begriff "Spezialist" u.a. auch "Fachmann" oder "Mann vom Fach" genannt. Die Bedeutung des Wortes Fachanwalts wird in Duden online wie folgt definiert: "Rechtsanwalt, der auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisiert ist". Im Hinblick auf den Zweck von § 7 Abs. 2 BORA, dass der Verbraucher verlässlich zwischen den auf eigener Entscheidung des Anwalts beruhenden Angaben und der Fachanwaltsbezeichnung unterscheiden können muss, ist auf Fachgebieten, für welche die Möglichkeit einer Fachanwaltschaft besteht, für eine Bezeichnung als "Spezialist für …" kein Raum.
Da dem Beklagten andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, seine Spezialisierung unter Wahrung eines hinreichend sprachlichen Abstands zum Fachanwalt zum Ausdruck zu bringen, hat das Interesse des Beklagten, gerade mit dem irreführenden Begriff "Spezialist für Familienrecht" zu w...