1. Praktische Relevanz
Dem DAV ist keine statistische Erhebung darüber bekannt, in wie vielen Fällen es zu einer irrtümlichen Nichtbekanntgabe des Beschlusses und damit verbunden zur theoretischen Gefahr einer bigamischen Ehe gekommen ist, Nichtrepräsentative Umfragen bei einzelnen Gerichten haben jedoch die Erkenntnis darin gestärkt, dass Zustellungsfehler zwar durchaus selten bleiben, nicht jedoch ausgeschlossen werden können. Sie kommen in der Tat in der täglichen Praxis durchaus vor. Damit ist die Gefahr einer ungewollten Doppelehe dem Grunde nach durchaus gegeben und praktisch nicht als irrelevant zu bezeichnen.
2. Problemlösung
Zur Vermeidung der Gefahr einer ungewollten Doppelehe sollte § 145 Abs. 1 FamFG dahingehend geändert werden, dass die Möglichkeit der Anschließung eines Rechtsmittels auf die weiteren Folgesachen beschränkt wird und die Möglichkeit der Anschließung in Bezug auf die Ehescheidung ausdrücklich ausgeschlossen wird.
Es erscheint gerechtfertigt, dem Ehegatten, der bereit war, alle Folgesachenentscheidungen zu akzeptieren, eine Anschlussrechtsmittelmöglichkeit zu geben, wenn der andere Ehegatte sein Rechtsmittel auf die Anfechtung einer von mehreren Folgesachen beschränkt. Ficht er die Ehescheidung selbst an, so stellt sich das eingangs dargestellte Problem nicht. Es stellt sich nur dann, wenn eine Folgesache als Teilentscheidung des Verbundes angefochten wird. Wird die Folgesache Zugewinnausgleich angefochten, so kann die wirtschaftliche Bedeutung für den anderen Ehegatten für die Folgesache Unterhalt oder die Folgesache des Versorgungsausgleichs haben. Diese Abhängigkeit in den wirtschaftlichen Auswirkungen der einzelnen Teilentscheidungen der Folgesachen muss sich verfahrensrechtlich in der Möglichkeit der Anschließung von Rechtsmitteln ausdrücken und insofern ausdrücklich erhalten bleiben. Dies ist hingegen nicht erforderlich für den Fall, dass keiner der Ehegatten gegen den Scheidungsausspruch Einwendungen erhebt.
Wendet sich ein Ehegatte gegen eine Folgesachenentscheidung, so gibt es keine Notwendigkeit dafür, dem anderen nunmehr – nach Fristablauf – die Anschlussmöglichkeit in Bezug auf die Ehescheidung selbst zu geben. Seinen Interessen ist ausreichend entsprochen, wenn er die Anschließung auf eine andere Folgesache ausdehnen kann. Dies gilt erst recht, wenn ein Versorgungsträger von seinem Beschwerderecht in zulässiger Weise Gebrauch macht. In diesen Fällen sind umstritten lediglich die Folgen einer Ehescheidung, nicht hingegen die Ehescheidung selbst. Sie wurde von den Ehegatten akzeptiert, was dadurch dokumentiert ist, dass ein Hauptrechtsmittel nicht eingelegt wurde. Diese Akzeptanz rechtfertigt es, die Ehescheidungsentscheidung aus dem Katalog der Anschlussrechtsmittelmöglichkeiten herauszunehmen.
Berlin, im März 2014, Stellungnahme Nr.: 16/2014 (auszugsweise)
FF 5/2014, S. 181 - 182