a) Das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht folgt nicht mehr aus Art. 17 Abs. 1 EGBGB, sondern stattdessen aus der Verordnung Rom III (Verordnung EU Nr. 1259/2010). Die Verordnung beansprucht abweichend von der Verordnung Brüssel II a universelle Geltung. Dies folgt aus Art. 4 Rom III-Verordnung.
Es kommt daher nicht darauf an, ob es um das Recht eines teilnehmenden Mitgliedsstaates oder um Staatsangehörige aus einem Mitgliedsstaat geht. Eine Rück- oder Weiterverweisung ist gemäß Art. 11 der Verordnung ausgeschlossen.
b) Für die Anwendung des materiellen Rechtes gilt zunächst einmal vorrangig eine ausdrücklich gewünschte Vereinbarung über die Rechtswahl (Art. 5). Soweit keine wirksame Rechtswahlvereinbarung vorliegt, ist hilfsweise auf Art. 8 zurückzugreifen.
Die Ehegatten können sowohl vor, als auch während des laufenden Verfahrens eine Rechtswahl vornehmen, wobei dies längstens bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren möglich ist. Letzteres gilt allerdings nur dann, wenn, wie im deutschen Recht (Art. 46d EGBGB) die Rechtswahl während des Verfahrens zugelassen ist.
Folgendes Recht kann durch eine Vereinbarung gewählt werden:
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das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; |
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das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gemeinschaftlichen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern dort noch ein Ehegatte lebt; |
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das Recht der übereinstimmenden Staatangehörigkeit oder der Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten; |
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das Recht des Staates des angerufenen Gerichtes. |
Nach dem Inhalt der Verordnung Rom III ist die Rechtswahl schriftlich zu treffen (Art. 7). Sollte das anzuwendende Recht zusätzliche Formerfordernisse stellen, sind diese ebenfalls zu beachten.
Für das deutsche Recht gilt das Erfordernis der notariellen Beurkundung (Art. 46d Abs. 1 EGBGB).
c) Wurde keine Rechtswahl getroffen, ist nach Art. 8 für die Bestimmung des Rechtes, nach dem die Ehescheidung erfolgt, das Recht des Staates maßgeblich, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder das Recht des letzten gemeinschaftlichen Aufenthaltes, sofern ein Ehegatte im Zeitpunkt des Verfahrens dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Falls beide Alternativen nicht erfüllt sind, kommt es auf die übereinstimmende Staatsangehörigkeit der Ehegatten an oder äußerst hilfsweise auf das Recht des Staates des angerufenen Gerichtes.
Beispielsfall:
Ein Deutscher und eine litauische Ehefrau sind seit 3 Jahren miteinander verheiratet.
Beide leben seit der Eheschließung in Deutschland und haben keinen Ehevertrag abgeschlossen.
Sie leben seit einem Monat voneinander getrennt und möchten beide geschieden werden, ohne dass der Ablauf des Trennungsjahres abgewartet werden soll. Eine unzumutbare Härte gemäß § 1565 Abs. 2 BGB liegt nicht vor.
Zuständig für die Ehescheidung ist das deutsche Gericht (Art. 3a Brüssel II a-Verordnung). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 122 FamFG. Das anwendbare Recht ist nach Art. 8 der Verordnung Rom III zu ermitteln.
Nach allen dortigen Alternativen kommt es ausschließlich zur Anwendung deutschen Rechtes. Es besteht allerdings die Möglichkeit der Rechtswahl gemäß Art. 5 der Verordnung Rom III.
Die Rechtswahl ist entweder notariell zu beurkunden oder vor dem Protokoll des örtlich zuständigen und angerufenen Gerichtes zu vereinbaren (Art. 5 Abs. 3 Rom III-Verordnung i.V.m. Art. 46d EGBGB und § 127a BGB).
Nach Art. 5c Rom III VO haben die Beteiligten das Recht, das Recht der Staatsangehörigkeit eines beteiligten Ehegatten zu wählen. Wählen die Beteiligten das litauische Recht, kann die Ehescheidung bei beiderseitigem Scheidungsantrag auch vor Ablauf des Trennungsjahres erfolgen, wenn eine Vereinbarung über die Scheidungsfolgen vorliegt und die Ehe seit mehr als einem Jahr bestanden hat. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, nach einer vereinbarten Rechtswahl vor Ablauf des Trennungsjahres das Ehescheidungsverfahren erfolgreich in Deutschland durchzuführen.
d) Da die Verordnung Rom III vorrangig auf den Aufenthaltsort und nicht etwa auf die Staatsangehörigkeit der Ehegatten abstellt, kann während der Ehe ohne Weiteres ein sog. Statutenwechsel stattfinden, mit der Folge, dass auf die Ehescheidung, je nach Aufenthaltsort, abweichendes Recht anzuwenden ist.
1. Beispielsfall:
Zwei Deutsche heiraten in Deutschland und leben zunächst einmal dort. Sie ziehen dann im Alter in die Toskana um und wählen dort ihren Lebensmittelpunkt. Sie trennen sich voneinander. Das Ehescheidungsverfahren wird eingeleitet.
Unabhängig davon, ob das Verfahren in Italien oder in Berlin Schöneberg stattfindet (vgl. dazu Art. 3a und 3b Rom II a VO), ist nach Art. 8 der VO Rom II auf die Ehescheidung das Recht des gemeinschaftlichen Aufenthaltes anzuwenden. Für die Ehescheidung gilt damit italienisches Recht.
Es empfiehlt sich vor diesem Hintergrund, dass auch bei Ehesc...