Zum 19.5.2013 ist das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern in Kraft getreten. In der obergerichtlichen Rechtsprechung stellt die Entscheidung des OLG Nürnberg einen der ersten veröffentlichten Beschlüsse auf der neuen gesetzlichen Grundlage dar.
§ 1626a BGB in seiner nunmehr geltenden Fassung ist vorläufiger Endpunkt einer langjährigen Entwicklung, die im Wesentlichen durch verfassungs- und völkerrechtliche Entscheidungen auf nationaler und europäischer Ebene bestimmt wurde. Ausgangspunkt war dabei eine Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2003. Obgleich sie noch die grundsätzliche Zuweisung des Sorgerechts eines nichtehelich geborenen Kindes an die Mutter als nicht gegen das Elternrecht des Vaters verstoßend ansah, wurde dennoch dem Gesetzgeber der Auftrag erteilt, weitergehend zu beobachten, ob die Eltern von der gesetzlich eröffneten Möglichkeit der gemeinsamen Sorgetragung Gebrauch machen würden, d.h. diese durch korrespondierende Sorgeerklärungen auch rechtlich abzusichern.
Parallel zu der nachfolgenden Erkenntnis, dass in zahlreichen Fällen keineswegs Gründe des Kindeswohls die Verweigerung einer gemeinsamen Sorge trugen, wurde der Gesetzgeber durch die Entscheidung des EuGHMR vom 3.12.2009 in dem Verfahren Zaunegger ./. Deutschland ebenso zum Handeln gezwungen, wie durch den Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010. In Abgrenzung zu der Entscheidung aus dem Jahr 2003, hatte das BVerfG nun den generellen Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der Sorgetragung dann als unverhältnismäßigen Eingriff in das Elternrecht bewertet, wenn dem Vater nicht gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet werde, die ablehnende Haltung der Kindesmutter am Kindeswohl orientiert gerichtlich überprüfen zu lassen. Auf der Grundlage der gleichzeitig durch das BVerfG aufgezeigten Übergangsregelung wurden in der Praxis und Literatur verschiedene Modelle zur künftigen gesetzlichen Regelung entwickelt und erörtert, wobei insbesondere die gesetzgeberischen Entwürfe zum künftigen verfahrensrechtlichen Ablauf erhebliche Kritik erfahren haben.
Ausgangspunkt ist auch nach der gesetzlichen Neuregelung die Alleinsorge der Kindesmutter, soweit nicht durch Eheschließung oder Sorgeerklärung Abweichendes gilt. Erstmals kann aber nun durch familiengerichtliche Entscheidung die gemeinsame elterliche Sorge hergestellt werden. In Abgrenzung jedoch zu der in der verfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 21.7.2010 aufgezeigten Übergangsregelung hat sich der Gesetzgeber für eine negative Kindeswohlprüfung entschieden, d.h. die Übertragung der gemeinsamen Sorge darf dem Kindeswohl nicht widersprechen. Leitend war für den Gesetzgeber dabei die Überlegung, dass die gemeinsame elterliche Sorge grundsätzlich den Bedürfnissen des Kindes nach Beziehungen zu beiden Elternteilen entspricht, d.h. es in dem Bewusstsein lebt, dass beide Eltern für es Verantwortung tragen und sie in wichtigen Entscheidungen als gleichberechtigt erlebt. Hiermit hat der Gesetzgeber gleichzeitig zum Ausdruck gebracht, dass er die gemeinsame elterliche Sorge als den Regelfall ansieht. Damit sind die Prüfungskriterien, wie sie in der Rechtsprechung noch zu § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. entwickelt wurden, entsprechend heranzuziehen. Die gemeinsame Ausübung der elterlichen Verantwortung setzt somit eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus und erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung. Dabei ist der die gemeinsame elterliche Sorge ablehnende Elternteil nicht nur in der Pflicht, konkret darzulegen, dass sich die gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge negativ auf das Kind auswirken würde, der Gesetzgeber erwartet vielmehr von den Eltern, dass sie die fachlichen Hilfen, wie sie insbesondere durch das SGB VIII angeboten werden, in Anspruch nehmen.
Überträgt man diese Grunderwägungen auf die Entscheidung des OLG Nürnberg vom 9.12.2013, so orientiert sich der Beschluss zwar an dem seitens des Gesetzgebers gewollten Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen gemeinsamer und alleiniger elterlicher Sorge. Ob allerdings ein Antrag auf gemeinsame elterliche Sorge erst dann abgewiesen werden darf, wenn mit "erheblicher Gewissheit feststellbar ist", dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widersprechen würde, muss bereits grundsätzlich hinterfragt werden.
In der Gesetzesbegründung wird unter Bezugnahme auf den Beschluss des BVerfG vom 21.7.2010 ausgeführt, dass die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen Sorge nicht zu hoch angesetzt werden dürfen, um eine gemeinsame elterliche Sorge nicht von vornherein unmöglich zu machen. Gleichwohl ist dort aber nur die Rede von nachhaltigen Störungen in der Kommunikation der Eltern, die es "befürchten lassen", dass eine gemeinsame Entscheidungsfindung nicht möglich sein wird mit den hieraus folgenden Belastungen des Kindes. Das OLG Nürnberg geht daher bereits in den Grundvoraussetzungen für die Aufrechterhaltung der alleinigen elterlichen Sorge deutlich über ...