RVG § 56
Leitsatz
1. Werden die Regelung der elterlichen Sorge für das Kind und die Regelung des Umgangs durch den Verfahrensbevollmächtigten zum Gegenstand getrennter Verfahren gemacht, so verstößt dieser damit gegen den Grundsatz kostensparender Prozessführung.
2. Dieser Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Prozessführung kann auch dann noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden, wenn eine Prozesskostenhilfebewilligung für getrennte Verfahren erfolgt ist.
OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2013 – 6 WF 210/13 (AG Recklinghausen)
1 Gründe:
Der beteiligte Rechtsanwalt hat als Verfahrensbevollmächtigter in dem Ausgangsverfahren die Kindesmutter vertreten. Diese war Antragsgegnerin in einem vom Kindesvater mit Schriftsatz vom 29.9.2011 eingeleiteten Verfahren, mit dem dieser die alleinige elterliche Sorge auf dem Gebiet des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das gemeinsame, im Haushalt der Kindesmutter lebende Kind K erhalten wollte (AG Recklinghausen – 46 F 388/11).
Die Kindesmutter selbst stellte, jeweils vertreten durch den beteiligten Rechtsanwalt, mit Schriftsatz vom 20.10.2011 den Antrag, das Umgangsrecht des Kindesvaters mit K auszuschließen, und mit Schriftsatz vom 27.10.2011 den Antrag, ihr die alleinige elterliche Sorge für K zu übertragen.
Mit Beschl. v. 27.10.2011 hat der Amtsrichter der Kindesmutter unter Beiordnung des beteiligten Rechtsanwalts Verfahrenskostenhilfe für das Umgangsverfahren bewilligt (46 F 417/11). Mit Beschl. v. 31.1.2011 hat der Amtsrichter der Kindesmutter unter Beiordnung des beteiligten Rechtsanwalts Verfahrenskostenhilfe für das von ihr eingeleitete Sorgerechtsverfahren bewilligt (46 F 423/11).
Termin in allen drei Verfahren wurde anberaumt auf den 24.11.2011.
Die Verfahren wurden in dem Termin unter Führung des Verfahrens 46 F 388/11 zur gemeinsamen Erörterung und Entscheidung verbunden. Sodann hat der Amtsrichter die den Beteiligten bewilligte Verfahrenskostenhilfe auf den gesamten Gegenstand des Verfahrens erstreckt.
Der beteiligte Rechtsanwalt hat mit Schriftsätzen der ihn vertretenden Verrechnungsstelle X-AG vom 25.11.2011 in den Verfahren 46 F 388/11, 46 F 417/11 und 46 F 423/11 unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von jeweils 3.000 EUR die Festsetzung von jeweils 586,08 EUR (1,3 Verfahrensgebühr + 1,2 Termingebühr + Postpauschale + Umsatzsteuer) gegen die Landeskasse beantragt.
Der zur Entscheidung berufene Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat mit Beschl. v. 2.1.2012 zunächst 586,08 EUR und mit Beschl. v. 21.6.2012 weitere 107,10 EUR gegen die Landeskasse festgesetzt.
Mit Beschl. v. 17.8.2012 hat der Urkundsbeamte die Vergütung unter Zurückweisung der weitergehenden Anträge klarstellend auf 693,18 EUR festgesetzt.
Dabei hat der Urkundsbeamte einen Gegenstandswert von 6.000 EUR zugrunde gelegt.
Der gegen diesen Beschluss eingelegten Erinnerung des Beteiligten vom 6.9.2012 hat der Urkundsbeamte nicht abgeholfen und sie der funktionell zuständigen Richterin des Familiengerichts vorgelegt.
Diese hat die Erinnerung mit Beschl. v. 28.6.2013 – dem Beteiligten zugestellt am 18.7.2013 – zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 19.7.2013.
Die Beschwerde ist zulässig und statthaft nach § 56 RVG.
In der Sache ist die Beschwerde allerdings unbegründet.
Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass der Beteiligte mit seiner nahezu gleichzeitigen Stellung der Anträge zum Umgangsrecht und Sorgerecht in zwei separaten Verfahren trotz eines bereits anhängigen Sorgerechtsverfahrens gegen das Gebot der kostensparenden Prozessführung verstoßen hat.
Der Senat hat bereits in seinem grundlegenden Beschluss in dem Verfahren 6 WF 400/08 ausgeführt: "Die Beteiligte zu 1) hat dadurch, dass sie die Regelung der elterlichen Sorge für das Kind der Antragstellerin und die Regelung des Umgangs des Vaters mit dem Kind zum Gegenstand getrennter Verfahren gemacht hat, eindeutig gegen den Grundsatz kostensparender Prozessführung verstoßen. Ein irgendwie gearteter sachlicher Grund für eine getrennte Verfahrensführung ist nicht erkennbar und wird auch von der Beteiligten zu 1) nicht aufgezeigt. Die Verfahren sind vielmehr alsbald miteinander verbunden worden."
Ein eindeutiger Verstoß gegen den Grundsatz kostensparender Verfahrensführung wie er hier gegeben ist, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn eine Prozesskostenhilfebewilligung für getrennte Verfahren erfolgt ist. Ein Anspruch gegen die Staatskasse ist nämlich immer dann ausgeschlossen, wenn der Rechtsanwalt einen Gebührenanspruch gegen die Partei – wäre nicht Prozesskostenhilfe bewilligt worden – aus Rechtsgründen nicht durchsetzen könnte.
So verhält es sich hier, weil der beteiligte Rechtsanwalt durch die getrennte Antragstellung unnötige Kosten verursacht hat. Im vorliegenden Fall war es zudem so, dass die Kindesmutter angesichts des vom Kindesvater eingeleiteten Verfahrens nach § 1671 BGB ihren Antrag zum ...