Zur Entscheidung des BGH vom 10.12.2014 – XII ZB 463/13
I. Einführung
Mit seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2014 hat der BGH eine für das deutsche Familienrecht bedeutsame und zukunftsweisende Entscheidung getroffen. Zum ersten Mal beschäftigt er sich hier mit der Anerkennung einer ausländischen Abstammungsentscheidung, die im Zusammenhang mit einer im Ausland durchgeführten Leihmutterschaft ergangen ist. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Partner einer männlichen gleichgeschlechtlichen registrierten Lebenspartnerschaft mit einer kalifornischen Leihmutter vereinbart, dass diese das mit einer Eispende (einer weiteren Frau) und dem Sperma eines der Lebenspartner gezeugte Kind austrägt und nach der Geburt an die Lebenspartner als Eltern abgibt. Der Samen gebende Lebenspartner erkannte während der Schwangerschaft die Vaterschaft für das Kind an, die Leihmutter verzichtete auf ihre Elternposition und ihre Elternrechte. Schon vor der Geburt des Kindes erging eine Entscheidung eines kalifornischen Gerichts, die beide Lebenspartner als Eltern des Kindes feststellte. Die Lebenspartner kehrten mit dem Kind nach Deutschland zurück und wollten als Eltern des Kindes in das Geburtsregister eingetragen werden. Dies wurde ihnen unter anderem mit der Begründung verweigert, der Anerkennung der kalifornischen Entscheidung stehe der deutsche ordre public entgegen, weil Leihmutterschaft nach deutschem Recht unzulässig sei und gegen die Würde der austragenden Frau und des Kindes verstoße.
II. Die verfahrensrechtliche Anerkennung
1. Der Ausgangspunkt
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs geht zu Recht davon aus, dass Voraussetzung für die begehrte Eintragung beider Lebenspartner als Eltern des Kindes die Anerkennungsfähigkeit des kalifornischen Urteils nach § 108 FamFG ist. Da die (spiegelbildliche) Zuständigkeit des kalifornischen Gerichts wegen des gewöhnlichen Aufenthalts der Leihmutter in Kalifornien unproblematisch ist, war als weiteres mögliches Anerkennungshindernis nur der ordre public zu diskutieren. Bezüglich des genetisch mit dem Kind verwandten Lebenspartners verneint der BGH mit sehr kurzer Begründung einen ordre public-Verstoß, weil seine Eintragung in das Geburtsregister als Vater auch dem deutschen materiellen Recht entspricht. Für den weiteren Lebenspartner sieht das deutsche Recht dies – außerhalb einer Adoption – nicht vor. Dennoch findet der BGH hierin keinen Grund, der kalifornischen Entscheidung die Anerkennung zu versagen. Zu Recht betont er, dass allein eine Abweichung von den deutschen materiell-rechtlichen Bestimmungen noch keinen ordre public-Verstoß ausmacht. Dies gilt insbesondere, weil der anerkennungsrechtliche ordre public großzügiger handzuhaben ist und nur dann eingreift, wenn das Ergebnis der Anerkennung "im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutschen Vorstellungen untragbar erscheint". Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre. Eine Beeinträchtigung des internationalen Entscheidungseinklangs und die damit verbundene Schaffung hinkender Rechtsverhältnisse, die bei Nichtanerkennung entstehen könnten, soll möglichst vermieden werden. Auch insoweit folgt der BGH der bisherigen Praxis und Lehre.
2. Das Kindeswohl
In einer bisher nicht üblichen Intensität betont er die Bedeutung der EMRK für die Auslegung der Grundrechte der deutschen Verfassung und damit für die Beurteilung eines möglichen ordre public-Verstoßes. Im Einklang mit den kürzlich ergangenen Entscheidungen des EuGHMR und des Bundesverfassungsgerichts hebt er das Recht des Kindes auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung und auf Begründung einer rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung hervor. In dem Abwägungsprozess zwischen der Durchsetzung des Leihmutterschaftsverbotes auch gegenüber Vorgängen im Ausland einerseits und dem Wohl des bereits geborenen, mit seinen Wunscheltern zusammenlebenden Kindes andererseits gibt der BGH (wie auch der EuGHMR) Letzterem das größere Gewicht. Zu Recht betont er, dass die rechtliche Zuordnung eines Kindes zu einem genetisch mit dem Kind nicht verwandten Elternteil dem deutschen R...