Klaus Schnitzler
Im letzten Jahr haben die Vorsitzende Richterin am OLG Köln Gabriele Ey (Editorial: Digitale Berechnungen in Gerichtsbeschlüssen, FF 2015, 381) und die Vorsitzende Richterin am OLG München Dr. Isabell Götz bei der 18. Jahresarbeitstagung des Fachinstituts Familienrechts im DAI (FUR 2015, 309) sowie beim DFGT in Brühl im Oktober 2015 unmissverständlich deutlich gemacht, dass sie die Benutzung von Computerprogrammen in familienrechtlichen Beschlüssen für außerordentlich problematisch halten.
Gabriele Ey hat vor allem auf den Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit, wozu auch Sprachverständlichkeit gehört, hingewiesen. Es könne nicht angehen, wenn der Bürger mit ihn elementar betreffenden Entscheidungen konfrontiert wird, die mit Computerbausteinen "zusammengebastelt" worden sind.
Isabell Götz sagte bei der Herbsttagung in Brühl: "Ersetzt die digitale Berechnung am Ende sogar die Urteilsbegründung, ist dies aus der Sicht des Betroffenen nicht nur ärgerlich, sondern tatsächlich rechtsstaatlich bedenklich."
Es ist begrüßenswert, wenn maßgebliche Persönlichkeiten aus der Richterschaft, wie die neue Vorsitzende des DFGT, Dr. Isabell Götz, und ihre Kollegin aus Köln, Gabriele Ey, ihre Richterkolleginnen und -kollegen so deutlich auf diesen Missstand aufmerksam machen.
Was heißt das für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin, der/die im Familienrecht tätig ist?
Es ist nichts dagegen zu sagen, dass Antragsschriften zum Unterhalt, zum Zugewinn und Berechnungen zum Versorgungsausgleich mit den gängigen Computerprogrammen nachgerechnet werden. Problematisch wird dies erst, wenn Berechnungen der Computerprogramme vor allem bei Unterhalts- und Zugewinnausgleichsverfahren in die Antragsschrift oder in Erwiderungsschriftsätze hineinkopiert werden und dann so getan wird, als hätte dies eine besondere Wertigkeit und Richtigkeit für sich.
Im Regelfall werden dann nämlich keine Erläuterungen gegeben, wie und warum bestimmte Zahlen in den Berechnungen und den Schriftsätzen auftauchen. Die Berechnungsprogramme haben natürlich auch den entscheidenden Nachteil, dass alle Billigkeitsvorschriften, die gerade in Unterhaltsfällen und Zugewinnausgleichsberechnungen eine entscheidende Rolle spielen, nicht berücksichtigungsfähig sind. Hierfür bieten die Programme ja auch keine Anhaltspunkte, die nachvollziehbar sind.
Wenn in Computerprogrammen zu dem § 1578b BGB eine Berechnung angeboten wird, ist dies per se außerordentlich problematisch.
Es ist natürlich bequem, Computerprogramme in einen Schriftsatz einzubetten und so den Eindruck zu erwecken, als hätte man den Stein der Weisen in diesem Verfahren schon gefunden. Weder dem Richter gegenüber noch den Parteien und schon gar nicht dem auf der Gegenseite agierenden Kollegen/in ist es zumutbar, sich mit den Einzelbeträgen auseinanderzusetzen, wenn diese nicht konkret im Detail erläutert werden.
Insofern sollten sich auch renommierte Anwältinnen und Anwälte, die inzwischen diese Unsitte praktizieren, überlegen, ob sie dies in Zukunft tatsächlich noch weiterführen.
Sind Computerprogramme Teufelszeug? Natürlich nicht!
Dass man computerprogrammgestützte Berechnungen gerade beim Zugewinnausgleich oder beim Versorgungsausgleich in der Akte mitführt, ist nicht zu beanstanden. Allerdings sollte man sehr vorsichtig mit der Benutzung dieser Programme umgehen.
Autor: Klaus Schnitzler
Klaus Schnitzler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Euskirchen
FF 5/2016, S. 177