Das Verhalten eines Richters kann in vielfältiger Weise Anlass für die Besorgnis seiner Befangenheit geben. Die umfangreiche Rechtsprechung hierzu ist sehr stark kasuistisch geprägt, so dass es nicht möglich ist, hieraus generelle Abgrenzungskriterien herzuleiten. Lediglich bei sehr groben Verstößen gegen richterliche Pflichten besteht Übereinstimmung hinsichtlich der Berechtigung der Ablehnung.
a) Die Ablehnung eines Richters kann grundsätzlich nicht auf seine angeblich unzutreffende Rechtsauffassung gestützt werden.
(1) Ob eine im laufenden Verfahren, in einem Parallelverfahren oder einem Vorverfahren (z.B. einstweilige Anordnung) getroffene richterliche Entscheidung inhaltlich "falsch" ist, hat für das Ablehnungsverfahren keine Bedeutung, da es dort allein um eine etwaige Parteilichkeit des Richters geht, während seine Entscheidungen ausschließlich im Rechtsmittelverfahren überprüft und korrigiert werden können. Eine Ausnahme besteht für die Fälle, in denen sich die Verfahrensgestaltung oder Rechtsauffassung so weit von den anerkannten Rechtsgrundsätzen entfernt, dass sie willkürlich erscheint. Dies ist der Fall bei einer entgegen dem Gesetz vorgenommenen nachträglichen Änderung der Kostenentscheidung, bei fehlender Auseinandersetzung mit dem Parteivorbringen in einem Urteil in einem vorangegangenen Verfahren, bei Verneinung der eigenen Zuständigkeit in einem Kindschaftsverfahren im Gegensatz zum Gesetz und zur einhelligen Rechtsprechung. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ohne jeden schlüssigen Sachvortrag ist ebenfalls in diesem Sinn willkürlich. Dies trifft auch zu, wenn ein stattgebender Teilbeschluss über den Auskunftsanspruch bei einem Stufenantrag auf einem groben Gehörsverstoß beruht, da er jegliche Auseinandersetzung mit den begründeten Einwendungen des Antragsgegners vermissen lässt.
(2) Die Ablehnung der am Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO beteiligten Richter für den Fall des Festhaltens an der darin geäußerten Rechtsauffassung ist nicht gerechtfertigt.
b) Die Verfahrensgestaltung kann in besonderen Fällen für die Besorgnis der Befangenheit eines Richters von Bedeutung sein.
(1) Eine Verzögerung des Verfahrens als solche ist hierfür noch nicht ausreichend. Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzutreten, die willkürliche Nichtbeachtung der Interessen eines Beteiligten erkennen lassen. Sind seit dem Schluss der ersten mündlichen Verhandlung über den bezifferten Zugewinnausgleichsantrag von 200.000 EUR bereits 25 Monate ohne prozessfördernde Maßnahmen des Richters vergangen und ist die Entscheidung über die Zugewinnausgleichsforderung für den Antragsteller, der von Sozialhilfeleistungen lebt, von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, ist die Besorgnis der Befangenheit begründet.
(2) Eine Ablehnung ist begründet, wenn der Richter eine vom Rechtsanwalt einer Partei wegen erheblicher Zugverspätung beantragte Terminsverlegung versagt und eine Versäumnisentscheidung erlässt.
(3) Ebenso im Falle der Verweigerung einer Terminsverlegung wegen Erkrankung des Geschäftsführers eines Beteiligten, der persönlich geladen war und sein Interesse an der Teilnahme am Termin erklärt hatte.
(4) Besorgnis der Befangenheit bei Erlass einer Versäumnisentscheidung ohne Einhaltung einer 15-minütigen Wartefrist.
(5) Dagegen kann eine Befangenheit nicht damit begründet werden, dass die Terminsverlegung von der Glaubhaftmachung der Verhinderung abhängig gemacht worden ist.
(6) Hinweise zur Umstellung bzw. Formulierung von Anträgen verstoßen nicht gegen das Gebot der Unparteilichkeit, da der Richter nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO verpflichtet ist, in jeder Lage des Verfahrens auf die Stellung als sachdienlich erachteter Anträge hinzuwirken. Dies gilt für sämtliche Maßnahmen im Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht (z.B. Hinweise auf fehlenden oder unzureichenden Sachvortrag, auf bisher von den Beteiligten nicht berücksichtigte rechtliche Gesichtspunkte und Bedenken gegen die rechtliche Beurteilung durch einen Beteiligten), die seit der ZPO-Reform in §§ 139, 273, 278 Abs. 2 Satz 2 ZPO stark erweitert worden ist und dazu führen kann, dass die Rechtsverfolgung eines Beteiligten erfolgreich ist. Das Verhalten bei der Protokollierung von Anträgen kann die Besorgnis der Befangenheit begründen.
(7) Die unterlassene Gewährung rechtlichen Gehörs zur dienstlichen Stellungnahme eines abgelehnten Richters kann ebenso wie das Ergehen der Hauptsacheentscheidung ohne Beachtung des Ablehnungsantrags zur erfolgreichen Ablehnung führen.
(8) Dies gilt zumindest in einem Strafverfahren bei offenkundiger Unaufmerksamkeit wie dem Versenden von SMS-Nachrichten während einer Beweisaufnahme.
(9) Das Unterlassen der Mitteilung des Inhalts von Telefonaten des Richters mit dem Jugendamt, die dem Vortrag eines anderen Beteiligten widersprechen, kann die Annahme der Befangenheit rechtfertigen.
c) Unsachliche Äußerungen des Richters sind geeignet, Zweifel an seiner U...