a) Ein Sachverständiger, der einen Ortstermin durchführt, obwohl einem Verfahrensbeteiligten der Zutritt verweigert wird, kann erfolgreich abgelehnt werden.[60] Mit dem Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nach § 357 Abs. 1 ZPO ist die "Waffengleichheit" der Beteiligten verletzt, was eine wesentliche Benachteiligung darstellt, die nicht durch die mögliche Teilnahme eines Verfahrensbevollmächtigten des ausgeschlossenen Beteiligten kompensiert werden kann. Dies gilt nicht für die Teilnahme an einer ärztlichen Untersuchung eines anderen Beteiligten, weil dort die Wahrung der Persönlichkeits- und Intimsphäre Vorrang hat und somit der Ausschluss Dritter gerechtfertigt ist.[61]
b) Da es an einer gefestigten Rechtsprechung fehlt, nach der einem medizinisch oder psychologisch zu begutachtenden Beteiligten bei einem Untersuchungstermin bzw. Explorationsgespräch des Sachverständigen die Anwesenheit einer Begleitperson ohne Äußerungs- bzw. Beteiligungsrecht zu gestatten ist, ist eine andere Verfahrensweise des Sachverständigen kein hinreichender Ablehnungsgrund.[62]
c) Der nach dem Verhalten des Sachverständigen begründete Eindruck, er habe zu einem Beteiligten (hier: dem Kindesvater im Sorgeverfahren) eine persönliche Beziehung aufgebaut, gibt Anlass zur Besorgnis der Befangenheit.[63]
d) Auf die Zurückweisung eines fernliegenden Vortrags eines Beteiligten (hier: "Ausgangspunkt der Bewertung ist immer der Substanzwert") mit deutlichen Worten des Sachverständigen ("Unsinn") kann eine Ablehnung nicht gestützt werden.[64] Dies gilt auch bei der Bewertung des Vortrags eines Beteiligten als "gänzlich unverständlich" und "vollkommen unersichtlich".[65] Wehrt sich der Sachverständige mit deutlichen Worten gegen Angriffe eines Verfahrensbevollmächtigten, so rechtfertigt dies nicht ohne Weiteres seine Ablehnung durch einen Beteiligten.[66]
e) Verwertet der Sachverständige Erkenntnisse einer Internetrecherche, ohne dies offenzulegen, so kann dies seine Ablehnung rechtfertigen, wenn das Rechercheergebnis sich auf das Ergebnis des Gutachtens ausgewirkt hat.[67]
Autor: Fritz Finke , Vors. Richter am OLG a.D., Hamm
FF 5/2016, S. 191 - 197
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