Vor Einführung des FamFG bestand die Möglichkeit, dass sich das Gericht von Amts wegen nach § 273 Abs. 2 S. 2 ZPO Einkommensunterlagen vorlegen lässt; in der Praxis wurde davon allerdings sehr wenig Gebrauch gemacht. Dies war ein Grund dafür, zum 1.9.2009 im Rahmen der Einführung des FamFG für Unterhaltsstreitsachen die Möglichkeiten zur Einholung von Auskünften nochmals auszuweiten. Neben der Auskunftspflicht der Beteiligten (§ 235 FamFG) ist eine Auskunftspflicht von Dritten (§ 236 FamFG) geregelt worden.
a) Auskunftspflicht der Beteiligten
Die Bestimmung des § 235 FamFG steht – wie früher § 643 ZPO – in einem Spannungsverhältnis zwischen Amtsermittlungs- und Beibringungsgrundsatz. Nach neuem Recht liegt der Schwerpunkt des familiengerichtlichen Verfahrens zum einen in der gerichtlichen Fürsorge für die Beteiligten, zum anderen in der erhöhten staatlichen Verantwortung für die materielle Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung, schließlich auch in der Wahrung fiskalischer Interessen vor dem Hintergrund des gestiegenen Bedarfs an öffentlichen Leistungen. Differenziert wird danach, dass
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das Gericht die Möglichkeit hat, von beiden Beteiligten die Vorlage von Auskünften über Einkünfte, Vermögen und Belege zu verlangen, soweit das für die Unterhaltsbemessung von Bedeutung ist (Abs. 1 S. 1), |
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die Verpflichtung des Gerichts zu einem Vorgehen nach Abs. 1 dann besteht, wenn ein Beteiligter dies beantragt und der andere Beteiligte vor Beginn des Verfahrens seiner Auskunftspflicht – entgegen einer Aufforderung – innerhalb angemessener Frist nicht nachgekommen ist (Abs. 2). |
Beide Beteiligten sind verpflichtet, dem Gericht ungefragt Mitteilung zu machen, wenn sich während des Verfahrens Umstände wesentlich verändert haben, die Gegenstand einer Anordnung nach Abs. 1 waren (Abs. 3).
Die Neuregelung des § 235 Abs. 2 FamFG normiert im Ergebnis eine gerichtliche Auskunftsbeschaffungspflicht. Die entsprechende Anordnung zur Auskunftserteilung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen, was im Vergleich zu einem – nicht selten mit mehreren Terminen verbundenen – Stufenantrag einen Vorteil darstellt. Dadurch, dass die in Abs. 3 enthaltene Pflicht zur ungefragten Information ausdrücklich an eine schon vorher ergangene gerichtliche Auflage anknüpft, wird der Umfang der Verpflichtung auf einen ohne weiteres zumutbaren Rahmen begrenzt. Die Frage der wesentlichen Veränderung richtet sich nach den Maßstäben des § 238 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 FamFG. Die Entscheidung über die Wesentlichkeit hat das Gericht zu treffen, so dass der Verfahrensbeteiligte nur bei ganz offensichtlich unbedeutenden Veränderungen von der Pflicht zur ungefragten Information befreit ist.
b) Auskunftspflicht von Dritten
Die Möglichkeit des Gerichts, Auskünfte unmittelbar bei bestimmten Dritten einzuholen, bestand nach § 643 Abs. 2 ZPO a.F. schon früher, außer beim Finanzamt, sofern es nicht um minderjährige Kinder ging. Diese Möglichkeiten sind jetzt ausgeweitet worden. Hier besteht eine Verpflichtung von Dritten nur in Bezug auf das Einkommen, nicht dagegen hinsichtlich des Stammvermögens und auch nicht in Bezug auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten; durch diese Beschränkung wird eine Ausforschung verhindert. Vielfach wird schon die Existenz dieser gerichtlichen Möglichkeit dazu führen, dass der Auskunftsschuldner einer Aufforderung des Gerichts Folge leistet.
Die Adressaten ergeben sich aus der Aufstellung in § 236 Abs. 1 FamFG. Im Falle der Stellung eines entsprechenden Antrags nach Abs. 2 besteht – insoweit entsprechend der Regelung im Rahmen der Auskunftspflicht der Beteiligten nach § 235 Abs. 2 FamFG – aufseiten des Gerichts kein Ermessensspielraum.
Als Sanktion kann das Gericht nach Abs. 4 bei Nichtbefolgung der Auflage (außer bei Behörden) Ordnungsmittel festsetzen, was den früheren Möglichkeiten nach § 643 Abs. 3 S. 1 und 2 ZPO a.F. entspricht. Dritte können sich deshalb nicht auf Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrechte berufen. Bei Nichterteilung der Auskunft kann gegen den Adressaten ein Ordnungsgeld verhängt werden; dies folgt aus der Verweisung in § 236 Abs. 4 S. 2 FamFG auf § 390 ZPO.