aa) Abhängige Tätigkeit

Bei der – in § 1605 Abs. 1 S. 2 BGB ausdrücklich erwähnten – Arbeitgeberbescheinigung begnügen sich Beteiligte und Gerichte im Regelfall mit der Vorlage der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung (früher: Lohnsteuerkarte). In vielen Fällen sind die dortigen Angaben für die Feststellung des Jahreseinkommens ausreichend, weil die Karte

bis zum 28. Februar des Folgejahres zu erstellen ist,
die meisten der erforderlichen Angaben enthält (Bruttoverdienst, steuerliche Abzüge, Kurzarbeiter-, Schlechtwetter- und Winterausfallgeld, Fahrtkostenanteil des Arbeitgebers, steuerfrei gezahlte Verpflegungszuschüsse, Sozialversicherungsabgaben [§ 41b Abs. 1 S. 2 Nr. 10-13 EStG]).

Nicht enthalten sind Arbeitslosen- und Krankengeld, ebenso wenig steuerfreie Leistungen (z.B. Spesen, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge). Im Einzelfall sind diese Belege deshalb zusätzlich vorzulegen.[43]

Die Vorlage des Arbeitsvertrags kann dann zusätzlich verlangt werden, wenn sich aus der Arbeitgeberbescheinigung die tatsächliche Höhe der Gesamteinkünfte nicht hinreichend ergibt,[44] z.B. bei einer Tätigkeit im Ausland unter Einschluss von Aufwands- oder anderen Entschädigungen.[45]

Einkommenssteuerbescheide und -erklärungen können dann verlangt werden, wenn sich aus den sonstigen Einkommensnachweisen kein vollständiger Überblick über das unterhaltsrelevante Einkommen ergibt. Der Steuerbescheid ist regelmäßig erforderlich, um die im Vorjahr geflossene Steuererstattung (häufig als Gegenposition zum Abzug für berufsbedingte Fahrtkosten) zu ermitteln. Allein aufgrund der Tatsache, dass z.B. ein Beamter keine Nebeneinkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erzielt, kann die Verpflichtung zur Vorlage des Einkommensteuerbescheids nicht abgelehnt werden, weil gelegentlich besondere Kosten steuerlich abgesetzt werden können und dies zu einer Steuererstattung führt.[46] Im Übrigen ergibt sich oft erst aus einer Zusammenschau von Steuerbescheid mit zugehöriger Steuererklärung, welche Einkommensteile steuerrechtlich unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit steuerrechtlich Abzüge anerkannt wurden, die unterhaltsrechtlich nicht abgezogen werden können.[47]

[43] OLG Frankfurt FamRZ 1987, 1056; Dose, in: Wendl/Dose, § 1, Rn 1179.
[44] BGH FamRZ 1994, 28; OLG München FamRZ 1993, 202.
[45] Dose, in: Wendl/Dose, § 1, Rn 1186, 1178 f.
[46] Dose, in: Wendl/Dose, § 1, Rn 1180 gegen OLG Dresden FamRZ 2005, 1195.
[47] BGH FamRZ 2008, 1739; 1998, 357.

bb) Unternehmer, Selbstständige

Sofern – wie nicht selten bei Auskunftsanträgen, die pauschal aus einschlägigen Handbüchern entnommen werden – vom Auskunftsschuldner im Ergebnis die Vorlage der gesamten Buchführung verlangt wird, ist die Grenze der Zumutbarkeit überschritten;[48] das Verlangen ist nur dann berechtigt, wenn es im Einzelfall ausnahmsweise auf die gesamten Unterlagen ankommt.[49] Gibt es – wie in den meisten Fällen – also keinen konkreten Anlass, die Richtigkeit einer Bilanz anzuzweifeln, dann ist die Auskunftspflicht mit deren Vorlage sowie den zugehörigen Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) erfüllt.[50] Der bilanzierende Kaufmann hat die Bilanzen nebst GuV vorzulegen, weil seine Einkünfte daraus am sichersten entnommen werden können.[51] Dies gilt auch für einen GmbH-Geschäftsführer; sofern er gewinnabhängige Einkünfte erzielt, hat er die Bilanzen und die GuV der GmbH vorzulegen.[52] Freiberufler und Gewerbetreibende, die nicht bilanzieren, haben Einnahmen-Überschuss-Rechnungen vorzulegen.[53]

Der Gesellschafter einer Abschreibungsgesellschaft, die als GmbH und Co. KG geführt wird, muss dagegen nur die gesonderte Feststellung von Gewinn oder Verlust durch das zuständige Betriebsfinanzamt vorlegen. Ein Anspruch auf die Vorlage weitergehender Belege, welche die Gesellschaft selbst betreffen, besteht dagegen nicht, weil die Anleger einer Personengesellschaft keinen Einfluss auf Geschäftsführung und Gewinnsituation haben und den Bilanzen daneben keine eigenständige Bedeutung zukommt;[54] etwas anderes kommt nur bei Anhaltspunkten für unrichtige Feststellungen des Finanzamts in Betracht.[55]

Umsatzsteuerbescheide (nebst zugehörigen Erklärungen) können für die Unterhaltsberechnung von Bedeutung sein, weil sie eine Überprüfung der Angaben in den Einkommensteuererklärungen und den GuV ermöglichen.[56] Rückschlüsse auf Geschäftsumfang und Lebensstil des Auskunftsschuldners lassen sich aus dessen Angaben zu Art und Höhe der Umsätze sowie zum Eigenverbrauch[57] ermitteln. Unabhängig hiervon sind diese Angaben besonders aktuell, weil sie monatlich abzugeben sind; insoweit kann überprüft werden, ob und inwieweit die aktuellen Einkünfte als Fortsetzung der vorangehenden Jahreseinkünfte anzusehen sind oder inwieweit sich Änderungen ergeben.[58]

Wenn es um Zinserträge geht, ist eine Bankauskunft geschuldet; eine solche Bescheinigung wird der Schuldner gegenüber einer Vorlage von Kontoauszügen regelmäßig vorziehen, weil sich aus den Auszügen in der Regel auch eine Vielzahl anderer Positionen ergibt, über die er den Auskunftsgläubiger nicht in Kenntnis setze...

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