EStG § 33 Abs. 2 S. 4
Leitsatz
Kosten eines Scheidungsverfahrens sind auch nach der aktuellen Gesetzeslage als außergewöhnliche Belastungen absetzbar.
(Leitsatz der Red.)
FG Köln, Urt. v. 13.1.2016 – 14 K 1861/15
1 Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen im Streitjahr (2014).
Die Klägerin wurde im August 2014 geschieden. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 machte die Klägerin einen Betrag von 5.513 EUR (Gerichts- und Anwaltskosten) als Scheidungskosten geltend.
Mit Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2014 vom 7.5.2015 setzte der Beklagte die Einkommensteuer mit 6.975 EUR fest. Hierbei berücksichtigte er die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Ehescheidungskosten nicht, sondern lediglich andere Aufwendungen i.H.v. 1.137 EUR, die sich jedoch aufgrund der zumutbaren Eigenbelastung i.H.v. 1.216 EUR nicht auswirkten. Zur Begründung führte er aus, dass Ehescheidungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr abzugsfähig seien.
Den fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.6.2015 als unbegründet zurück. Mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.2013 – AmtshilfeRLUmsG – (BGBl I 2013, 1809) sei die Abziehbarkeit von Prozesskosten in § 33 Abs. 2 S. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr gültigen Fassung (EStG) neu geregelt worden. Die Neuregelung sei erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden, § 52 Abs. 1 S. 1 EStG.
Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Scheidungskosten seien auch weiterhin, d.h. auch ab dem Veranlagungszeitraum 2013, als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen.
In der mündlichen Verhandlung stellten die Beteiligten unstreitig dar, dass von dem Betrag von 5.513 EUR ein Betrag von 2.433,65 EUR auf die Scheidungskosten entfällt und nicht auf die Scheidungsfolgekosten.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2014 vom 7.5.2015 und der Einspruchsentscheidung vom 8.6.2015 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vom 7.5.2015 dahingehend zu ändern, dass weitere Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 2.433,65 EUR nach § 33 EStG vor Abzug der zumutbaren Belastung berücksichtigt werden und die Einkommensteuer entsprechend niedriger festgesetzt wird, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.
2 Gründe:
Die Klage ist begründet.
1. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vom 7.5.2015 und die Einspruchsentscheidung vom 8.6.2015 sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zu Unrecht hat die Beklagte Aufwendungen von 2.433,65 EUR nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Abs. 1 EStG vor Abzug der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG berücksichtigt.
a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Abs. 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird, § 33 Abs. 1 EStG.
Unter dem Begriff der Aufwendungen sind dabei bewusste und gewollte Vermögensverwendungen u.a. Geldausgaben zu verstehen (Schmidt/Loschelder, 34. Aufl., § 33 Rn 6). Im Termin der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten unstreitig gestellt, dass ein Betrag i.H.v. 2.433,65 EUR, den die Klägerin bewusst aufgewandt hat, auf die Scheidungskosten entfällt.
Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, § 33 Abs. 2 S. 1 EStG.
Die Rechtsprechung stellt für die Entscheidung darüber, ob Aufwendungen aus rechtlichen Gründen zwangsläufig angefallen sind, auf die wesentliche Ursache ab, die zu den jeweiligen Aufwendungen geführt hat. Die Zwangsläufigkeit im Rahmen des § 33 Abs. 2 EStG ist danach nicht allein an der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung zu messen, sondern es muss auch das die Verpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein (BFH, Urt. v. 18.6.2015 – VI R 17/14, BFHE 250, 153, BStBl II 2015, 800). Bei Ehescheidungen muss im Regelfall davon ausgegangen werden, dass sich die Ehepartner nur scheiden lassen, wenn die Ehe so zerrüttet ist, dass ihnen ein Festhalten an ihr nicht mehr möglich ist, sie sich also dem Scheidungsbegehren aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen können. Deshalb ist die Zwangsläufigkeit bei Ehes...