1. Familienarbeit – Ein Genderthema
Die juristische Ausblendung von Familienarbeit trifft bisher statistisch ganz überwiegend Frauen. Familienarbeit ist ein Genderthema. Warum aber wird Familienarbeit kaum als Genderthema wahrgenommen, auch nicht, vor allem nicht von Frauen, von Juristinnen? Möglicherweise gibt es eine Art selbstverordnetes Schweigegebot: Wer als Frau, insbesondere als Juristin, Erfolg haben will mit oder ohne Kind, weiß intuitiv, dass sie nie über Überlastung klagen oder über Genderbenachteiligung reden sollte, das nervt und führt zu gar nichts. Dazu passen wirkungsmächtige gesellschaftliche Narrative, die auf eine Individualisierung der Probleme und Verschleierung ihrer gesellschaftlichen Dimension zielen: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist nur eine Frage der Organisation, wer etwas leistet, schafft es auch und bekommt, was er verdient; wer es nicht schafft, hat etwas falsch gemacht oder es nicht wirklich gewollt. Genüsslich werden Karrierefrau gegen Familienmutter ausgespielt, Karikaturen wie die der nägellackierenden Chefarztgattin gepflegt, die nach Jahren des süßen Nichtstuns im Luxus einer Diskrepanzehe auch noch Geld will. Außerdem ist Familienarbeit/care work kein klassisches feministisches und gleichstellungspolitisches Anliegen; bisher geht es in der gesellschaftspolitischen Diskussion fast ausschließlich um die Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben und um die Befreiung der Frau von Familienarbeit und Familie, nicht dagegen um eine angemessene Anerkennung von Familienarbeit.
2. Dogmatische Hürden?
Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 6.2.2001 zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen der bisherigen Linie des BGH – einer fast grenzenlosen Vertragsfreiheit – den Boden entzogen hatte, stand der BGH vor der Notwendigkeit einer Neuorientierung. Die Chance einer grundsätzlichen Neuorientierung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit wurde nicht wahrgenommen, vielleicht weil die Zeit noch nicht reif war, vielleicht weil Einsicht und Mut fehlten. Stattdessen reagierte der Familienrechtssenat des BGH "dogmatisch" mit der inzwischen sehr kleinteiligen und ausdifferenzierten Unterscheidung zwischen Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle von Eheverträgen – nach § 138 BGB einerseits und § 242 BGB andererseits sowie der sog. Kernbereichslehre. Der Bedeutung der Familienarbeit ist er auf diesem Weg (verdeckter) richterlicher Rechtsfortbildung nicht gerecht geworden. Dogmatik kann dazu beitragen, die Ordnung und Gewichtung von Fakten, Gesichtspunkten und Argumenten zu systematisieren, sie kann Komplexität reduzieren, sie kann Strukturen und Wertungszusammenhänge sichtbar machen, die notwendigen Wertungsentscheidungen ersetzen kann sie nicht. Dogmatik funktioniert gut und überzeugend für Regelungskomplexe, die konstruktiv konsistent sind und auf einem stimmigen Wertungskonzept beruhen. Sie stößt an ihre Grenzen, wenn die einschlägigen Normenkomplexe widersprüchlich sind oder wenn sie historische Verwerfungen aufweisen, wie gerade das Güterrecht. Sie hilft nur eingeschränkt auf der Grenze von Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung. Daher ist es ein Gebot der Methodenehrlichkeit, Konstruktion und Wertung auseinanderzuhalten und bestimmte Ergebnisse nicht als quasi-naturgesetzliches Produkt einer bestimmten Konstruktion zu legitimieren. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Familienrecht weist mehr Rechtsfortbildung auf, als sie es vielleicht wahrhaben will, ich verweise nur auf das Nebengüterrecht mit seinen Verästelungen oder die Kehrtwende bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und bei den Schwiegerelternschenkungen. Eine technisch gehandhabte Kernbereichslehre ist jedenfalls nicht geeignet, dem verfassungsrechtlichen Postulat der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit stimmig im Familienrecht zur Geltung zu verhelfen.
3. Zu Reichweite und Grenzen privatautonomer Selbstbindung
Die entscheidende Hürde für eine angemessene juristische Anerkennung der Familienarbeit ist freilich die Vertragsfreiheit, so wie sie der BGH versteht: Ehevertag ist Ehevertrag, pacta sunt servanda. Eine einzige Unterschrift, geleistet in einer emotional aufgeladenen Situation, zählt mehr als ein ganzes Eheleben voll Familienarbeit. Der juristische Laie wun...