Während eines laufenden Unterhaltsverfahrens hat auch der Unterhaltspflichtige aus § 235 Abs. 3 FamFG gegenüber allen Beteiligten eine verfahrensrechtliche Offenbarungspflicht hinsichtlich der Umstände, die sich während des laufenden Verfahrens geändert haben, wenn diese Umstände Gegenstand einer verfahrensrechtlichen Auskunftserteilung nach § 235 Abs. 1 FamFG waren.
Die zu der materiell-rechtlichen Offenbarungspflicht eines Unterhaltsberechtigten gemäß den §§ 1361 Abs. 4 Satz 3, 1580, 1615l Abs. 3 Satz 1, 1605 BGB entwickelte Rechtsprechung setzt voraus, das Umstände vorliegen, die das Unterbleiben der Information zur teilweisen oder vollen eigenen Bedarfsdeckung mit der Folge des Wegfalls des Unterhaltsanspruchs als evident unredlich erscheinen lassen.
Diese Grundsätze lassen sich nach der Rechtsprechung des BGB und einiger Obergerichte nicht ohne Weiteres auf den Unterhaltspflichtigen übertragen, weil das Risiko der Änderung der Verhältnisse nach einer erteilten Auskunft grundsätzlich beim Unterhaltsberechtigten liegt und nur ausnahmsweise dem Unterhaltspflichtigen aufgebürdet werden kann. Der Unterhaltsberechtigte ist insoweit auf die Durchsetzung des Auskunftsanspruches gemäß den §§ 1580, 1605 BGB zu verweisen. Eine Pflicht zur ungefragten Information kann für den Unterhaltspflichtigen jedoch ausnahmsweise dann bestehen, wenn die Beteiligten nach Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs eine außergerichtliche Vereinbarung treffen, die der nunmehr eingeschränkten Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen durch eine Reduzierung des Unterhalts Rechnung trägt und der Grund für die Kürzung des Unterhalts später entfällt. In einem solchen Fall entsteht die Pflicht zur ungefragten Information dann, wenn ein Schweigen über die günstige Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse "evident unredlich" wäre.
Eine Pflicht zur ungefragten Information besteht für den Unterhaltspflichtigen ferner bei erheblichen Einkommensveränderungen auf seiner Seite, wenn zugleich der Unterhaltsberechtigte aufgrund vorangegangenen Tuns des Unterhaltspflichtigen Veranlassung hatte, auf den Fortbestand der Verhältnisse zu vertrauen. Das ist zu bejahen, wenn der Unterhaltsberechtigte den Unterhaltspflichtigen ausdrücklich nach der Fortdauer seines Studiums gefragt und der Pflichtige durch seine Antwort Vertrauen in den Fortbestand der Verhältnisse geweckt hatte, tatsächlich jedoch durch eine weitere Berufstätigkeit eine erhebliche Einkommenssteigerung (im Streitfall von 1.973,86 DM auf 4.157,18 DM) erzielt hatte. Gleiches gilt, wenn der Unterhaltspflichtige zum Zeitpunkt der Festsetzung des Unterhalts wegen einer Erkrankung keine Einkünfte erzielt, die eine Unterhaltszahlung ermöglichen, die Beteiligten davon ausgegangen sind, dass dieser Zustand dauerhaft bestehen bleiben wird, und der Unterhaltspflichtige kurze Zeit nach dem Verfahren wieder eine Erwerbstätigkeit aufnimmt.
Eine Unredlichkeit ist nach Auffassung des BGH nicht zu bejahen, wenn der Unterhaltspflichtige die bei der Bemessung des nachehelichen Unterhalts zunächst berücksichtigten Verbindlichkeiten nicht mehr bedient, weil er diese mit einem nachehelich unerwartet erhaltenen Vermögen tilgen konnte oder wenn er die zuvor abgezogenen Raten für eine zusätzliche Altersversorgung wegen besonders beengter wirtschaftlicher Verhältnisse nicht mehr erbringen kann und dadurch seine eigene Altersvorsorge gefährdet.
Wenn Veränderungen auf Seiten des Unterhaltspflichtigen naheliegend waren, ist der Unterhaltsberechtigte gehalten, von seinem Auskunftsanspruch im Rahmen des § 1605 Abs. 2 BGB Gebrauch zu machen. Hat er diese ihm zumutbare Rechtsausübung unterlassen, kann nach Auffassung des OLG Hamm das Verschweigen von Veränderungen durch den Pflichtigen nicht als "evident" unredlicher Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben angesehen werden.
Die Pflicht zur Offenbarung geänderter Umstände ohne vorherige Nachfrage besteht nach wohl überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung für den Unterhaltspflichtigen somit lediglich unter engen Voraussetzungen, insbesondere bei Begründung eines Vertrauenstatbestands aufgrund eines vorangegangenen Tuns oder bei betrügerischem Verhalten. Dabei wird nicht unterschieden, ob es sich bei dem Unterhaltstitel um eine gerichtliche Entscheidung (Beschluss oder Urteil nach altem Recht) oder um eine außergerichtliche oder gerichtliche Unterhaltsvereinbarung handelt. Die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltspflichtigen hinsichtlich der Annahme einer Offenbarungspflicht rechtfertigt sich nach z.T. vertretener Auffassung aus dem Eingriff in die Handlungsfreiheit des Unterhaltspflichtigen gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Die Pflicht zur ungefragten Information muss gleichermaßen für den Unterhaltspflichtigen gelten, auch wenn im Einzelfall die Grenzziehung zur Selbstoffenbarung schwierig sein mag. Denn es ist nicht nachvollziehbar, weshalb sich eine ...