Wenn ein Beteiligter einen Unterhaltsanspruch geltend macht, hat er die der Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen, das seine Unterhaltsbedürftigkeit in Frage stellen könnte. Das gilt im Hinblick auf die nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 138 Abs. 1 ZPO bestehende verfahrensrechtliche Wahrheitspflicht erst recht während eines laufenden Verfahrens. Sofern sich die maßgeblichen Verhältnisse während des Verfahrens ändern, sind Umstände, die sich auf den geltend gemachten Anspruch auswirken können, auch ungefragt anzuzeigen. Die Prüfung, ob einzelne Tatsachen wie z. B. die Zuwendung eines größeren Geldbetrages durch die Eltern und der Verbrauch dieser Mittel unterhaltsrechtlich relevant sind oder nicht, steht nicht im Ermessen des Unterhaltsberechtigten. Er ist verpflichtet, alle Tatsachen mitzuteilen; deren Prüfung obliegt allein dem Familiengericht.
Bereits mit der Einreichung eines Schriftsatzes bei Gericht, der bekannt falsche Tatsachen enthält und/oder für die Unterhaltsberechnung erforderliche Angaben, z. B. ein Ansteigen des Einkommens, verschweigt, beginnt der Versuch eines Verfahrensbetrugs. Ein solches Verhalten reicht aus, um den Tatbestand des § 1579 Nr. 3 BGB zu erfüllen. Die besondere Schwere und Verwerflichkeit dieses Verhaltens besteht nach der Rechtsprechung in dem Umstand, dass der Unterhaltsberechtigte von dem Unterhaltspflichtigen nacheheliche Solidarität fordert, während er selbst eine solche nicht aufbringt und versucht, durch Täuschung vom Unterhaltspflichtigen eine ihm nicht zustehende Leistung zu erlangen.
Ein Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Wahrheitspflicht ist in verschiedenen Konstellationen angenommen worden:
1. Falsche Angaben zum Einkommen
Macht ein Unterhaltsberechtigter in einem Unterhaltsantrag oder einem Abänderungsantrag unvollständige, fehlerhafte oder bewusst falsche Angaben zu seinem Einkommen und/oder aus Einkünften, die er aus einem Vermögen erzielen kann, begeht er einen Verfahrens(Prozess)betrug bzw. einen Versuch desselben.
Gleiches gilt, wenn er während des laufenden Unterhaltsverfahrens Einkommensveränderungen nicht offenbart. Häufige Fälle in der Praxis sind nicht oder nicht vollständig erklärte Einkünfte aus einer Putz- und Haushaltstätigkeit. Ein bewusst falscher Vortrag, solche Einnahmen beliefen sich auf lediglich 100 EUR, während es tatsächlich 335 EUR waren, erfüllt die Voraussetzungen eines versuchten Prozessbetruges, der geeignet sei, sich auf Bestand und Höhe des Unterhaltsanspruchs auszuwirken. Gleiches gilt, wenn eine bezogene Rente erst in der mündlichen Verhandlung offengelegt wird.
Einen Verstoß gegen die Pflicht zur ungefragten Information begeht auch, wer vor Abschluss eines Vergleichs eine Erbschaft ganz oder teilweise mit der Begründung verschweigt, das Geld zwischenzeitlich verbraucht zu haben.
2. Verschweigen von Einkünften trotz ausdrücklicher Nachfrage
Ein ggf. versuchter Verfahrensbetrug kann auch darin liegen, dass der Unterhaltsberechtigte trotz Nachfrage abstreitet, für andere Haushaltsleistungen in nennenswertem Umfang zu erbringen.
Das Abstreiten des Bezuges von Krankengeldzuschüssen trotz ausdrücklicher Nachfrage während eines laufenden Verfahrens in Verbindung mit einer entsprechenden Antragstellung durch den Unterhaltsberechtigten stellt nach Auffassung des OLG Düsseldorf einen schwerwiegenden Angriff auf die Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen dar.
3. Verschweigen eines Ausbildungsabbruchs
Ein Unterhaltsberechtigter, der Ausbildungsunterhalt bezieht, ist verpflichtet, jegliche Änderungen mitzuteilen. Insbesondere ist er verpflichtet, dem Unterhaltspflichtigen mitzuteilen, wenn er ein Studium abgebrochen hat. Auf die Frage, aus welchen Gründen, z.B. gesundheitlichen Gründen, dies erfolgt ist, kommt es für die rechtliche Beurteilung des Verhaltens als betrügerisch nicht an. Auch wenn dem Unterhaltsberechtigten möglicherweise ein Unterhaltsanspruch aus anderen Gründen zusteht, obliegt diese Beurteilung nicht ihm selbst, sondern dem Familienrichter. Ein Verschweigen eines Ausbildungsabbruchs kann nach der Rechtsprechung des BGH als Verstoß gegen § 1579 Nr. 3 und 5 BGB (§ 1579 Nr. 2 und 4 BGB a.F.) angesehen werden. Insbesondere, wenn sich durch das Verhalten des Unterhaltsberechtigten die verfahrensrechtliche Situation des Unterhaltspflichtigen verschlechtert, z.B. durch einen Wechsel der Darlegungs- und Beweislast, liegt eine Verletzung der Vermögensinteressen des Unterhaltspflichtigen vor, die ...