Die dargelegte Rechtsprechung, die Pflicht zur ungefragten Information richte sich nach der Person des Beteiligten und variiere nach der Art des Titels, ist in der Vergangenheit bereits kritisiert worden.
Nach Büttner könne hinsichtlich der Wahrheitspflicht nicht unterschieden werden, ob sich die Beteiligten während oder außerhalb eines Prozesses befänden. Es könne hinsichtlich der Wahrheitspflicht ebenfalls nicht unterschieden werden zwischen einem vorherigen Vergleich und einem Urteil, denn die Wahrheitspflicht bestehe in beiden Fällen. Ebenso müssten der Berechtigte und der Verpflichtete bei der Wahrheitspflicht gleichbehandelt werden. Es gehe nicht an, bei dem Verpflichteten nur einen evident unredlichen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht zu sanktionieren, während man beim Berechtigten den Verstoß gegen die Wahrheitspflicht ausreichen lasse, auch wenn er nicht unredlich gewesen sei.
Verstöße gegen die prozessuale (seit dem 1.9.2009 verfahrensrechtliche) Wahrheitspflicht seien ungeachtet des zugrunde liegenden Titels und unabhängig davon, ob sie der Unterhaltsberechtigte oder der Unterhaltspflichtige begangen habe, durch eine Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhaltsanspruchs zu ahnden. Das Vorliegen einer Evidenz bedürfe es nicht. Zu beachten sei jedoch die Wesentlichkeitsgrenze. Sofern sich aus den verschwiegenen Umständen keine wesentliche Veränderung i.S.v. § 323 Abs. 1 ZPO a.F. (nunmehr § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG), der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse zur Folge habe, sei sie unbeachtlich.
Nach anderer Auffassung hängt die Frage, ob eine Offenbarungspflicht im Falle eines ergangenen Unterhaltsbeschlusses/-urteils bestehe, wenn eine wesentliche Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse i.S.d. § 238 FamFG erfolge, davon ab, ob der Unterhaltspflichtige aufgrund eines entsprechenden Verhaltens des Unterhaltsberechtigten aus vorangegangenem Tun keinen Anlass zur Nachprüfung der Einkommensverhältnisse gehabt habe oder ob aus dem unterhaltsrechtlichen Treueverhältnis (§§ 242, 1618a BGB) eine allgemeine Pflicht zur Information angenommen werde. Aber auch in solchen Fällen wird in der Literatur vertreten, dass eine Offenbarungspflicht bei einem vorangegangenen Tun des Unterhaltsschuldners nur bei evidenter Unrichtigkeit bestehen soll, d.h. bei all solchen Umständen, bei deren Veränderung der Unterhaltspflichtige keinen Anlass zum Fragen hat oder die er nicht kennen kann, z.B. weil die Kontakte zwischen geschiedenen Eheleuten oder Eltern und Kindern ganz abgerissen sind.
Es ist nicht einzusehen, weshalb sich die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Belange des anderen Teils lediglich im Fall einer Unterhaltsvereinbarung und nicht auch im Fall einer gerichtlichen Entscheidung erhöhen soll. Die Rechtsprechung des BGH zur Frage der ungefragten Information bei einer Unterhaltsfestsetzung durch einen Beschluss gemäß § 38 FamFG bzw. bis zum 1.9.2009 durch ein Urteil sollte neu überdacht werden. Das einem Beteiligten zustehende materielle Auskunftsrecht gemäß § 1605 Abs. 2 BGB vor Ablauf der Frist von 2 Jahren setzt voraus, dass der Auskunft Verlangende glaubhaft macht, dass der zur Auskunft Verpflichtete wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat. Das bedeutet, dass ein Auskunftsanspruch nur dann durchsetzbar ist, wenn der Anspruchssteller bereits Kenntnis von einer Veränderung der Umstände in der Sphäre des anderen hat. Wenn ihm eine Glaubhaftmachung nicht gelingt, ist er bis zum Ablauf der Frist gehindert, seine Rechte durchzusetzen. Das kann nicht nur – insbesondere beim Unterhaltspflichtigen – erhebliche vermögensrechtliche Folgen haben, sondern erscheint auch in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich, weil ein Rechtsschutz in dieser Zeit tatsächlich nicht gewährt wird.
Für die Annahme einer Pflicht zur ungefragten Information sprechen mehrere Aspekte. So ist in der Vergangenheit bereits zutreffend darauf hingewiesen worden, dass sich die Pflicht zu ungefragten Informationen unabhängig von der Art des Titels aus dem Unterhaltsrechtsverhältnis, insbesondere §§ 242, 1353, 1605 analog sowie § 1618a BGB, ergebe.
Mit den Regelungen in §§ 235 und 241 FamFG hat der Gesetzgeber seine Intention, eine sachlich richtige Entscheidung im Unterhaltsverfahren herbeizuführen und damit nicht nur den privaten Interessen der Beteiligten an einem Unterhaltsverfahren, sondern auch dem öffentlichen Interesse Genüge zu tun, zum Ausdruck gebracht. Die in § 235 Abs. 1 FamFG geregelte verfahrensrechtliche Auskunftspflicht der Beteiligten wird durch § 235 Abs. 3 FamFG ergänzt. Danach ist sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der Unterhaltsschuldner verpflichtet, dem Familiengericht ohne Aufforderung mitzuteilen, wenn sich während des Verfahrens Umstände, die Gegenstand einer gerichtlichen Anordnung zur Auskunftserteilung nach Abs. 1 waren, wesentlich geändert haben. Der Gesetzgeber hat diese Vorschrift konzipiert, um die materielle Richtigke...