1. Verwirkung
Nach der Neufassung des § 1579 BGB zum 1.1.2008 ist – nach den hier in Betracht kommenden Tatbeständen – ein Unterhaltsanspruch nach Höhe und/oder zeitlicher Dauer der Leistung zu beschränken oder zu versagen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen schuldig gemacht hat, § 1579 Nr. 3 BGB, oder der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat, § 1579 Nr. 5 BGB.
Bei der Anwendung der Härteklausel ist stets eine doppelte Prüfung erforderlich: Zunächst muss einer der in Betracht kommenden Härtegründe (hier § 1579 Nr. 3 und 5 BGB) vorliegen. Dann ist bei Bejahung des Härtegrundes aufgrund einer umfassenden Billigkeitsabwägung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob der Unterhaltsanspruch grob unbillig ist. Bei dieser Billigkeitsabwägung sind vorrangig die Belange eines gemeinschaftlichen Kindes der Beteiligten zu berücksichtigen.
a) Tatbestände
aa) § 1579 Nr. 3 BGB
Die Härteklausel des § 1579 Nr. 3 BGB (§ 1579 Nr. 2 BGB a.F.) greift ein, wenn sich der Berechtigte eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten schuldig gemacht hat. Hierunter fallen in Bezug auf die Auskunftsverpflichtung insbesondere die o.a. dargelegten Betrugshandlungen zum Nachteil des Unterhaltspflichtigen. Sie werden in der Regel in Form eines Verfahrensbetrugs durch einen vorsätzlichen Verstoß gegen die verfahrensrechtliche Wahrheitspflicht begangen. Da die Straftaten ein schuldhaftes Verhalten und damit Schuldfähigkeit voraussetzen, entfallen sie, wenn der Unterhaltsberechtigte schuldunfähig (z.B. bei Vorliegen einer Psychose) ist.
bb) § 1579 Nr. 5 BGB
Der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB (§ 1579 Nr. 4 BGB a.F.) setzt objektiv ein gravierendes Verhalten des Unterhaltsberechtigten voraus, was sich aus der Wortwahl "schwerwiegende" und "hinwegsetzen" ergibt. Damit stellt die Vorschrift nicht allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung. Nicht erforderlich ist es, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es genügt eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die dadurch entstehen kann, dass der Unterhaltsschuldner bereits geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des Unterhaltsberechtigten später nicht zurückfordern kann. Die objektive Voraussetzung der Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB wird als erfüllt angesehen, wenn ein Unterhaltsberechtigter eine erhebliche Steigerung seines unterhaltsrelevanten Einkommens seit dem Abschluss des Vergleichs dem Gegner nicht mitgeteilt hat. Subjektiv erfordert der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB ein mutwilliges Handeln, das zumindest leichtfertiges Verhalten des Unterhaltsberechtigten voraussetzt.
b) Zusätzliche Prüfung der Unbilligkeit, Interessenabwägung, Rechtsfolgen
Als Rechtsfolge kann nach § 1579 BGB ein Unterhaltsanspruch je nach Ausmaß der Unbilligkeit im Einzelfall versagt, herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden. Möglich ist auch eine Kombination dieser Rechtsfolgen. Aus dem Wort "soweit" ergibt sich, dass der Unterhaltsanspruch zunächst herabgesetzt und nach einer weiteren Übergangszeit völlig versagt werden kann.
Die Bestimmung der Rechtsfolgen ist eine tatrichterliche Ermessensentscheidung. Zu berücksichtigen sind bei der Billigkeitsabwägung vor allem das Ausmaß der Unbilligkeit, die Härte der Unterhaltslast für den Unterhaltspflichtigen und die Auswirkungen auf ein zu berücksichtigendes Kind.
Die Beurteilung, ob das Verschweigen unerwarteter Einkommenssteigerungen durch den Unterhaltsberechtigten in besonderem Maße als unredlich erscheint, kann auch davon abhängen, ob der Unterhaltsschuldner seinerseits Änderungen seines eigenen Einkommens für den streitgegenständlichen Zeitraum mitgeteilt hat. Einem vorsätzlichen schädigenden Verhalten des Unterhaltsberechtigten können die Dauer der Ehe und das seinerseits verschleiernde Verhalten des Unterhaltspflichtigen im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichs- und Unterhaltsansprüchen entgegenstehen.
Der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist auch bei Vorliegen von Härtegründen privilegiert. Er darf im Interesse des Wohles der betreuten Kinder trotz Fehlverhaltens des sorgeberechtigten Elternteils regelmäßig bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes nur auf das zur Kinderbetreuung notwendige Mindestmaß herabgesetzt werden.
Eine Verletzung der Pflicht zu ungefragten Informationen kann a...