1. Vertretungsbefugnis
Nach § 1629 Abs. 1 BGB umfasst die elterliche Sorge auch die Vertretung des Kindes. Gemeinsam sorgeberechtigte Eltern vertreten nach § 1629 Abs. 1 S. 2, 1. Hs. ihr Kind grundsätzlich gemeinschaftlich. Dieser Grundsatz erfährt bei Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs des Kindes gegen den anderen Elternteil eine Ausnahme. Nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB vertritt der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, in diesem Fall allein. Ohne diese Regelung bedürfte es der Bestellung eines Ergänzungspflegers nach § 1909 BGB, da der andere Elternteil, gegen den der Anspruch sich richtet, von der Vertretung wegen Interessenkollision nach §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB ausgeschlossen wäre. Die Vorschrift erleichtert die Handhabung der typischen Fälle in der familiengerichtlichen Praxis erheblich. Die Regelung des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB wird von § 1629 Abs. 3 BGB wiederum dahingehend modifiziert, dass bei verheirateten Eltern für den Fall des Getrenntlebens oder der Anhängigkeit einer Ehesache Unterhaltsansprüche des Kindes von dem Elternteil, in dessen Obhut es sich befindet, im eigenen Namen geltend gemacht werden müssen. Er handelt als (gesetzlicher) Verfahrensstandschafter. Kinder geschiedener Eltern oder von Eltern, die nie miteinander verheiratet waren, stellen den Antrag hingegen immer im eigenen Namen.
Sowohl im Fall der Alleinvertretung nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB als auch bei der Verfahrensstandschaft nach § 1629 Abs. 3 BGB ist allerdings Voraussetzung, dass sich das minderjährige Kind in der Obhut des Elternteils befindet, der als Verfahrensstandschafter agiert oder allein vertritt. Obhut bedeutet tatsächliche Fürsorge für das Kind und Befriedigung aller seiner täglichen Bedürfnisse, wobei bei getrennt lebenden Eltern maßgebend ist, wer sich überwiegend um die Betreuung und Erziehung des Kindes kümmert und so die Hauptverantwortung trägt. Der zeitweise Aufenthalt beim anderen Elternteil in den Ferien oder den Umgangszeiten ändert ein bestehendes Obhutsverhältnis nicht. Dieses entfällt erst bei einem Wechselmodell, also der abwechselnden Betreuung des Kindes durch beide Eltern über jeweils gleich lange Zeiträume.
2. Obhutswechsel und Volljährigkeit
Verfahrensrechtlich unangenehm wird es, wenn das minderjährige Kind während eines laufenden Unterhaltsverfahrens zum anderen, bislang barunterhaltspflichtigen Elternteil wechselt oder wenn es volljährig wird. Der bisher betreuende Elternteil verliert damit seine (Allein-)Vertretungsbefugnis aus § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB bzw. seine Verfahrensführungsbefugnis als Verfahrensstandschafter. Im Fall des Obhutswechsels wird der Antrag des (vormaligen) Betreuungselternteils rückwirkend, also auch hinsichtlich aufgelaufener Rückstände, unzulässig und müsste – reagiert der betroffene Elternteil nicht – abgewiesen werden. Im Fall der Volljährigkeit des Kindes während des Verfahrens endet die gesetzliche Vertretung, jetzt führt das Kind das Verfahren selbst und im Fall einer Verfahrensstandschaft gilt nach h.M. aufgrund eines automatischen Beteiligtenwechsels das Gleiche. In beiden Fällen ist der Volljährige dann also selbst Beteiligter und entscheidet (jedenfalls in der Theorie) allein über das weitere Schicksal des Verfahrens.
Was kann der betroffene Elternteil also tun?