Ausgangslage
Die Entscheidung des BGH vom 20.2.2013 befasst sich mit der Frage einer möglichen Schadensersatzpflicht einer Kindesmutter für den von ihrem Ehemann für ein scheineheliches Kind während und nach der Ehe geleisteten Unterhalt.
Inhalt der Entscheidung
Der während des Verfahrens verstorbene Erblasser war von 1961 bis 1968 mit der Antragsgegnerin verheiratet. Die Ehe wurde am 21.6.1968 aus beiderseitigem Verschulden der Eheleute geschieden. Diese verzichteten wechselseitig auf Unterhalt. In ihrer Anhörung im Scheidungstermin räumte die Antragsgegnerin auf Befragen ein, nach dem letzten ehelichen Verkehr Mitte Februar 1968 eine ehewidrige Beziehung zu einem anderen Mann unterhalten zu haben.
Aus der Ehe ist der im Jahr 1966 geborene Sohn J. hervorgegangen, der nach der Trennung der vormaligen Eheleute im Haushalt der Antragsgegnerin lebte. Im Jahr 2010 wurde festgestellt, dass der Sohn J. nicht vom Erblasser abstammt.
Nachdem der Erblasser die Antragsgegnerin mehrfach erfolglos aufgefordert hatte, die Namen der als Vater in Betracht kommenden Männer zu nennen, hat er die Antragsgegnerin auf Schadensersatz in Höhe eines Teilbetrages von 1.533,84 EUR für den im Jahr 1980 geleisteten Kindesunterhalt in Anspruch genommen. Für den Zeitraum von 1967 bis 1996 hat der Erblasser Unterhaltsleistungen von insgesamt 38.960 EUR behauptet.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt. Der BGH hat die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Witwe des Erblassers zurückgewiesen.
Einordnung der Entscheidung
Der BGH hat mit der Entscheidung vom 20.2.2013 klargestellt, dass weder ein von einer Ehefrau begangener Ehebruch noch das bloße Verschweigen der hieraus folgenden möglichen Nichtvaterschaft gegenüber dem Ehemann einen Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens, der ihm durch die Unterhaltszahlung an das scheineheliche Kind entstanden ist, zu begründen vermag.
Unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung insbesondere aus dem Jahr 1989 und früher hat der BGH den durch die Ehe und das Familienrecht gewährten Schutz konkret definiert. Danach steht die Ehe außerhalb der Rechtsverhältnisse, deren Verletzung allgemeine Ansprüche auf Ersatz von Vermögensschäden auslösen kann. Eine die Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten beeinträchtigende Störung der Ehe, wie z.B. ein Ehebruch, stellt einen innerehelichen Vorgang dar, der nicht in den Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen ist. Das Ehe- und Familienrecht verdrängt insoweit sowohl die allgemeinen Schadensersatzansprüche (insb. § 823 BGB) als auch sonstige Ansprüche der (geschiedenen) Ehegatten gegeneinander, bei denen als verletztes Rechtsgut der Kern der Ehe und der mit diesem verfolgte Schutzzweck (z.B. § 1353 BGB) in Betracht kommt.
Für eine Anwendung des § 826 BGB reicht ein verschwiegener Treuebruch allein nicht aus. Kein Ehepartner hat gegenüber dem anderen eine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht, einen Ehebruch zu offenbaren. Denn eine solche ungefragte Offenlegung eines Seitensprungs ist in der Regel bereits wegen einer möglichen Gefährdung eigener Interessen und der Unterhaltsinteressen des Kindes unzumutbar.
Allerdings ist nach dem Beschluss des BGH die Anwendung des § 826 BGB dann zu prüfen, wenn zu dem Ehebruch eine sittenwidrig schädigende Verletzungshandlung der Ehefrau hinzukommt. Das ist zu bejahen, wenn die Ehefrau, die bei einem Seitensprung schwanger geworden ist, Zweifel ihres Ehemanns an der Abstammung des Kindes durch falsche Angaben bzw. durch ausdrückliches Leugnen des Ehebruchs zerstreut. Ein Fall des § 826 BGB liegt ebenfalls vor, wenn die Ehefrau den Ehemann durch eine arglistige Täuschung oder auf andere Weise, etwa auch durch Drohungen, an der Erhebung der Ehelichkeitsanfechtungsklage hindert.
Der Scheinvater hat nach erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft einen Anspruch aus § 242 BGB gegen die Mutter auf Auskunft über die Person des Erzeugers. Bei unzureichender Auskunft besteht aber kein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB aus dem Gesichtspunkt der Risikohaftung.
Der Entscheidung des BGH ist bis hierhin uneingeschränkt zuzustimmen. Ein bloßes Verschweigen der Untreue ohne Hinzutreten aktiver Täuschungshandlungen in Bezug auf die Abstammung eines Kindes trägt im innerehelichen Bereich nicht das Verdikt der Sittenwidrigkeit.
Bemerkenswert an dem Beschluss des BGH vom 20.2.2013 sind die Ausführungen zu seinen in jüngerer Zeit ergangenen Entscheidungen, in denen er – anders als in der hier besprochenen – sehr wohl eine Pflicht der Ehefrau zur ungefragten Offenbarung von der Möglichkeit, dass das Kind von einem anderen Mann abstammen könnte, angenommen hat. Es handelt sich um die Entscheidungen vom 15.2.2012 zur Verwirkung des Unterhalts nach § 1579 Nr. 7 BGB, die Entscheidung zur Frage des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs vom 21.3.2012 und die Entscheidungen zur Anfechtung einer schenkweisen Zuwendung wegen arglisti...