In einem entschiedenen Fall geht es um das Zusammentreffen des Unterhaltsanspruchs der geschiedenen Ehefrau aus einer langen Ehe mit dem Anspruch der neuen Ehefrau vor und nach der Geburt eines Kindes und das für die Bemessung des Kindesunterhalts maßgebliche Einkommen. Beide geschiedenen Ehegatten sind im Rentenalter.
1. Vorrang des geschiedenen Ehegatten
Der wegen langer Dauer der geschiedenen Ehe (über 31 Jahre) nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangige Unterhaltsanspruch des kinderlosen neuen Ehegatten ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB grundsätzlich nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. Vielmehr wirkt sich bei der Billigkeitserwägung nach § 1581 BGB der Vorrang des geschiedenen Ehegatten in Höhe des vollen Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, da die Rangvorschrift des § 1609 BGB selbst Ausdruck einer gesetzlichen Billigkeitsbewertung ist. Der Verpflichtete ist in diesem Umfang regelmäßig als leistungsfähig anzusehen.
2. Gleichrang
Steht der Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten wegen der Geburt eines Kindes mit dem Anspruch des geschiedenen Ehegatten aus langer Ehe in gleichem Rang, liegt ein relativer Mangelfall vor, der zu einer Kürzung des Unterhaltsanspruchs des geschiedenen Ehegatten nach Billigkeit führt. Dabei ist die vom Tatrichter gewählte Methode der Dreiteilung des vorhandenen Gesamteinkommens nicht zu beanstanden. Der monetarisierte Unterhaltsanspruch des im gemeinsamen Haushalt der Eltern lebenden Kindes ist mindestens in Höhe eines hypothetischen Anspruchs auf Barunterhalt im Fall der Trennung der Eltern anzusetzen. Dabei ist ein Splittingvorteil als Einkommen anzurechnen. Der Sockelbetrag von 300 EUR (§ 11 S. 1 BEEG) des Elterngelds ist auch unter zusammenlebenden Eltern nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Der vorrangige Kindesunterhalt ist auch in diesem Fall in Höhe des Zahlbetrags mit dem nur um die Hälfte angerechneten Kindergeld vom Einkommen des Unterhaltsschuldners abzuziehen.
Eine Rollenwahl nach § 1356 BGB, wonach der 70-jährige, aus Altersgründen nicht mehr erwerbstätige Ehemann seine 35-jährige Ehefrau bei der Betreuung des Kindes nicht unterstützen muss, um ihr die Übernahme einer Erwerbstätigkeit zu ermöglichen, ist nicht zu beanstanden, wenn dadurch der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nicht über Gebühr geschmälert wird. Fiktive Einkünfte können der neuen Ehefrau zwar neben der Betreuung des im Haushalt lebenden gemeinsamen Kindes nach der Wertung des § 1609 Nr. 2 BGB zugerechnet werden, wenn und soweit sie im hypothetischen Fall einer Scheidung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre. Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kommt dies aber nach den Maßstäben des § 1570 BGB auch dann nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige als Rentner selbst keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Der mit dem Unterhaltsschuldner zusammenlebenden Ehefrau darf keine stärkere Erwerbsobliegenheit auferlegt werden als im Falle der Scheidung.