Was die ablehnende Haltung gegenüber der Leihmutterschaft anbelangt, stimmt die Position des deutschen Rechts noch mit derjenigen der Mehrzahl der europäischen Rechtsordnungen überein: Unter den westeuropäischen Ländern ist die Leihmutterschaft lediglich in Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und Griechenland erlaubt. Zulässig ist in diesen Ländern die nicht-kommerzielle, altruistische Leihmutterschaft. Großzügiger sind demgegenüber einige osteuropäische Staaten, vor allem Georgien, die Ukraine und Russland, in denen auch kommerzielle Leihmutterschaften durchgeführt werden können. Weltweit gesehen sind das bevorzugte Ziel von Leihmutterschaftstouristen einige Bundesstaaten in den USA, allen voran Kalifornien, sowie Indien. Welches Ausmaß das Phänomen des Leihmutterschaftstourismus mittlerweile angenommen hat, lässt sich schlecht abschätzen. Im Jahre 2009 wurden in indischen Kliniken schätzungsweise 1.500 Leihmutterschaften (erfolgreich) durchgeführt, in ca. einem Drittel der Fälle waren ausländische Wunscheltern beteiligt. Manche Autoren schätzen die Anzahl der in den USA jährlich von Leihmüttern ausgetragenen Kinder ebenfalls auf 1.500. Dabei gab eine der größten kalifornischen Reproduktionskliniken an, dass von den 104 Kindern, die im Jahre 2010 in dieser Klinik durch Leihmütter geboren wurden, ungefähr die Hälfte ausländische Wunscheltern hatte. Andere Schätzungen gehen mittlerweile davon aus, dass die Anzahl der Leihmutterschaften in den letzten Jahren in den USA signifikant gestiegen sei.
Als entscheidender Gesichtspunkt für das Verbot der Leihmutterschaft wurde vom deutschen Gesetzgeber hervorgehoben, dass die Durchführung einer Leihmutterschaft zu menschenunwürdigen Konflikten führen könnte. Gedacht wurde dabei in erster Linie an Fälle, in denen die Wunscheltern nach Geburt eines behinderten Kindes dieses nicht übernehmen wollen, die Leihmutter sich nach der Geburt nicht von dem Kind trennen möchte oder sich während der Schwangerschaft die Frage nach einem Abbruch stellt. Die rechtsvergleichenden Erfahrungen zeigen, dass es manchmal tatsächlich zu solchen Konflikten kommt, nach meinem bisherigen Eindruck handelt es sich aber um seltene Einzelfälle, die allerdings stets ein außergewöhnliches Medienecho auslösen.
Im Zeitraum vor Schaffung des Embryonenschutzgesetzes erregte vor allem der Fall Baby M. aus New Jersey im Sommer 1986 international großes Aufsehen: Für die Befruchtung war die Eizelle der Leihmutter und der Samen des Wunschvaters verwendet worden, als Honorar wurden der Leihmutter 10.000 US-Dollar versprochen. Kurz nach Übergabe des Kindes an die Wunscheltern, bat die Leihmutter darum, noch einige Tage mit dem Kind verbringen zu dürfen. Anschließend brachte sie es ihnen nicht wieder zurück. Drei Monate zog sie mit dem Kind von Motel zu Motel, um sich vor den Behörden zu verstecken. In mehreren aufsehenerregenden Prozessen wurde über den Verbleib des Kindes entschieden. Die damals im Fall Baby M. praktizierte Form der Leihmutterschaft unter Verwendung der eigenen Eizelle der Leihmutter wird heute im Grunde nicht mehr durchgeführt. Soweit nicht die Eizelle der Wunschmutter verwendet werden kann, werden in der heutigen Praxis üblicherweise Eizellenspenderinnen hinzugezogen. Andreas Bernard hat in seinem lesenswerten Buch "Kinder machen" beschrieben, wie die Abwicklung von Leihmutterschaftsverträgen in den USA heutzutage organisiert ist, um die Entstehung einer gefühlsmäßigen Bindung zwischen Leihmutter und Kind möglichst zu verhindern. Von Fällen, in denen Leihmütter ihr Kind den Wunscheltern nicht übergeben wollen und dieses stattdessen selbst aufziehen möchten, wird heute im Grunde kaum noch berichtet. Dass es aber nach wie vor zu gravierenden Konflikten zwischen Leihmutter und Wunscheltern kommen kann, ist uns allen nur allzu gut bewusst. Der Fall Baby Gammy dürfte frisch im Gedächtnis sein.
Wer sich heutzutage in Deutschland für eine Lockerung des Leihmutterschaftsverbots einsetzt, betont regelmäßig, es könne nur um die Zulassung der nicht-kommerziellen, altruistischen Leihmutterschaft gehen. Doch muss bedacht werden, dass auf diese Weise die Nachfrage an Leihmüttern sicherlich nicht befriedigt werden kann. Aus den Niederlanden und Großbritanien, wo die nicht-kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt ist, wurde bislang von jährlich ca. 10 bzw. 80 Fällen berichtet. Das Phänomen des Leihmutterschaftstourismus kennen diese beiden Länder in gleicher Weise wie wir.
Im Grunde ist ein internationaler Leihmutterschaftsmarkt entstanden, auf dem die Preise ganz erheblich variieren. In den USA belaufen sich die Gesamtkosten für eine kommerzielle Leihmutterschaft auf deutlich über 100.000 US-Dollar. Demgegenüber kostet die Inanspruchnahme einer Leihmutter in Indien ungefähr nur ein Drittel davon, also ca. 25.000 bis 30.000 US-Dollar. Um zu beurteilen, welchen starken Anreiz oder auch familiären Druck es für indische Leihmütter...