I. Ausgangslage
Nach Jahrhunderten der Rechtszersplitterung wurde zum 1.1.1900 durch das BGB ein einheitliches Privatrecht für ganz Deutschland geschaffen. Die aus der Ehe resultierenden Unterhaltspflichten waren verschuldensabhängig mit der Folge, dass ein schuldig geschiedener Ehegatte dem anderen Ehegatten als Nachwirkung der Ehe Unterhalt zahlen musste. Um dessen Höhe zu bestimmen, wurde der Fortbestand der geschiedenen Ehe fingiert, was zur sogenannten Lebensstandardgarantie führte. Durch das Ehegesetz vom 6.7.1938 wurde hinsichtlich der Scheidung erstmals auch ein Zerrüttungstatbestand geschaffen; ein Unterhaltsanspruch nach §§ 58 ff. EheG war abhängig vom Anteil der Schuld an der Scheidung. Wen das überwiegende Verschulden an der Scheidung traf, der hatte grundsätzlich Unterhalt zu zahlen. Beweisschwierigkeiten waren vorprogrammiert und trafen im Regelfall die Ehefrau. Kam es zu einer Scheidung ohne Schuldausspruch, kam ein Unterhaltsanspruch wegen Billigkeit in Betracht (§ 61 EheG).
II. Reformen
1. 1977
Durch das 1. EheRG wurde mit Wirkung zum 1.7.1977 das Verschuldensprinzip abgeschafft und das Zerrüttungsprinzip im Scheidungsrecht eingeführt. Nunmehr konnte eine Ehe auch unabhängig von einem Verschulden immer dann geschieden werden, wenn sie gescheitert war. Neu eingeführt wurde ein – ebenfalls verschuldensunabhängiges – nacheheliches Unterhaltsrecht. Angeknüpft wurde an den Grundsatz der nachehelichen Solidarität in Form einer fortwirkenden wirtschaftlichen Verantwortung der Ehegatten füreinander. Nach der Systematik des Gesetzes soll zwar das Prinzip der wirtschaftlichen Eigenverantwortung den Regelfall darstellen; dieser wird aber durch zahlreiche Ausnahmetatbestände nahezu ins Gegenteil verkehrt mit der Folge, dass überwiegend die Ausnahme zur Regel wird.
Die tiefgreifende Veränderung gesetzlicher Vorschriften wurde teilweise als Hirngespinst ideologisch verblendeter, sozialistisch fehlgeleiteter Wirrköpfe abgetan. Selbst bei weniger radikalen Beobachtern löste die gravierende Abkehr von den patriarchalischen Vorstellungen der Nachkriegsgesellschaft Emotionen aus. Der nach seiner Soldatenzeit zum Alleinverdiener gewordene Ehemann sah sein familiäres Weltbild in den Grundfesten erschüttert; die frühere Trümmerfrau, deren Platz später als Hausfrau und Mutter am häuslichen Herd vorgesehen war, hatte plötzlich ganz andere Rechte.
Verfahrensrechtlich ist von Bedeutung, dass die Einrichtung von Familiengerichten als ein Kernstück der Reform anzusehen ist; der Rechtsmittelzug geht nunmehr vom Amtsgericht zum Familiensenat des OLG.
2. 1986
Durch das Anfang 1986 in Kraft getretene UÄndG sollte der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit der Ehegatten stärker betont werden. Die "eigentlich" als Ausnahme vorgesehenen, aber fast die Regel darstellenden zahlreichen Unterhaltspflichten führten häufig zu einer lebenslangen und starken Belastung des Unterhaltsschuldners; von daher führte der Gesetzgeber in Gestalt der §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 S. 1 BGB neue Begrenzungs- und Befristungsmöglichkeiten ein, die von der Rechtsprechung aber fast unbeachtet blieben. Die Möglichkeit der zeitlichen Begrenzung betraf nur Ansprüche auf Aufstockungsunterhalt oder im Falle einer Erwerbslosigkeit, nicht dagegen die anderen nachehelichen Unterhaltsansprüche.
3. 1998
Zum 1.7.1998 wurde das KindRG eingeführt. Hier wurde hinsichtlich der Unterhaltsansprüche eine annähernde Gleichstellung des ein nichteheliches Kind betreuenden Elternteils mit dem geschiedenen Ehegatten vorgenommen.
4. 2008
Durch das UÄndG vom 31.12.2007 wurde die – vielfach als zu stark empfundene – Stellung des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten deutlich beschränkt durch die Einführung einer erhöhten Eigenverantwortung nach der Scheidung (§ 1569 BGB). Nach der Zielsetzung des Gesetzgebers soll ein Unterhaltsanspruch die Ausnahme und nicht mehr die Regel sein; er soll nur in Betracht kommen, wenn einer der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB vorliegt. Der Maßstab der "ehelichen Lebensverhältnisse" (§ 1578 BGB) machte bis dahin für die Unterhaltsgläubigerin den Wiedereinstieg in den erlernten Beruf kaum attraktiv mit der Folge, dass der Grundsatz der Eigenverantwortung in Vergessenheit geraten war und deshalb jetzt ausdrücklich im Gesetz (§ 1569 BG...