Auf der Grundlage des "Altersphasenmodells" bestand für die Mutter des ehelich geborenen Kindes eine Betreuungsbefugnis jedenfalls bis zum vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes; dagegen wurde von der Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes grundsätzlich[115] verlangt, die persönliche Betreuung des Kindes nach drei Jahren aufzugeben. Während der BGH[116] diese unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen für verfassungsgemäß hielt, waren mehrere Oberlandesgerichte anderer Auffassung und legten die Frage deshalb dem BVerfG zur Entscheidung vor.[117] Nach Ansicht des Reformgesetzgebers war die unterschiedliche Ausgestaltung aber gerechtfertigt und auch mit Art. 3 und 6 GG vereinbar; eine stärkere Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs in Form der längeren Dauer der Unterhaltspflicht wurde mit dem zusätzlichen Schutzzweck der nachehelichen Solidarität und mit der unterschiedlichen Situation von verheirateten und nicht verheirateten Eltern begründet.[118] Auch sämtliche vom BVerfG angehörten Institutionen befürworteten die unterschiedliche Ausgestaltung des Anspruchs.[119] In das Gesetzgebungsverfahren hinein "platzte" dann der Beschluss des BVerfG,[120] wonach die unterschiedliche Ausgestaltung der beiden Ansprüche verfassungswidrig sei. Damit war es mit einer Annäherung der Ansprüche nicht mehr getan, denn vom Gericht war eine Gleichstellung gefordert.

Dem wurde vom Reformgesetzgeber Rechnung getragen, der Unterhaltsanspruch ist jetzt im Wesentlichen gleich lang ausgestaltet. Danach

besteht der Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils grundsätzlich nur für die "Basiszeit" von drei Jahren nach der Geburt des Kindes (§ 1570 Abs. 1 BGB; § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB);
kommt für die Zeit danach eine Verlängerungsmöglichkeit nach Billigkeit in Betracht (§ 1570 Abs. 1 S. 2, 3 BGB; § 1615l Abs. 2 S. 4 BGB).

Im Rahmen der Verlängerungsmöglichkeiten wird dahin differenziert, dass

in erster Linie kindbezogene Gründe von Bedeutung sind, z.B. in Form einer besonderen Betreuungsbedürftigkeit (Orientierung an der bisherigen Rechtsprechung zu den "kindbezogenen Belangen" bei § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB);
eine weitere Verlängerung des Unterhaltsanspruchs aus Gründen der nachehelichen Solidarität (bei vorangegangener Ehe) bzw. aus elternbezogenen Gründen in Betracht kommt.

Damit wurde auch der Kritik Rechnung getragen, wonach das "Altersphasenmodell" in der Praxis sehr oft schematisch angewandt worden war; dies entsprach nicht mehr der gesellschaftlichen Realität, die im Hinblick auf Erwerbsmöglichkeiten bei Betreuung von über dreijährigen Kindern auch in sozialrechtlichen Regelungen[121] ihren Niederschlag gefunden hatte. Auch dieser gesellschaftliche Wandel[122] war für die Gesetzesreform mitbestimmend.

[115] Vorbehaltlich der Verlängerungsmöglichkeit bei grober Unbilligkeit i.S.v. § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB.
[116] NJW 2006, 2687 = FamRZ 2006, 1362 m. Anm. Schilling.
[117] OLG Hamm NJW 2004, 3512 = FamRZ 2004, 1893; KG NJW 2004, 3656 = FamRZ 2004, 1895.
[118] BT-Drucks 16/1830 S. 31 unter Hinweis auf BGH NJW 2005, 503 = FamRZ 2005, 347, 349.
[119] S. dazu Born, FamRZ 2007, 973, Fn 5 m.w.N.
[120] BVerfG NJW 2007, 1735 m. Anm. Caspary = FamRZ 2007, 965 m. Anm. Born, S. 973 und Maier, FamRZ 2007, 1076; Schürmann, FF 2007, 235 ff.; ders., FF 2007, 227 ff.
[121] Vgl. SGB II 10 Abs. 1 Nr. 3, SGB VI 56 Abs. 5; vgl. BGH FamRZ 2006, 1362, 1365; vgl. Schürmann, FPR 2012, 224.
[122] Vgl. Hauß, FamRB 2006, 180.

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