Eine Zwischenbilanz nach Inkrafttreten der Reform
Eine gerechte Berücksichtigung von Schuldenabbau, Schutz vor Vermögensmanipulation und eine Verbesserung des vorläufigen Rechtsschutzes, das sollte die Güterrechtsreform von 2009 leisten. Ob sie das geschafft hat und welche Probleme in der Praxis bisher aufgetreten sind und, vor allem, ob die Ausgestaltung des Güterrechts der gesellschaftlichen Realität angemessen ist, wurde auf dem "Forum Güterrecht" erörtert. Eingeladen hatte der Geschäftsführende Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht und knüpfte damit an ein früheres Forum an, welches 2010 das damals neue Unterhaltsrecht unter die Lupe genommen hatte.
Führt unser gesetzlicher Güterstand der Zugewinngemeinschaft wirklich dazu, dass die ökonomisch Schwächeren ausreichend an dem ehelich geschaffenen Vermögen teilhaben? Oder sollten wir der Errungenschaftsgemeinschaft den Vorzug geben, wie es viele andere in Europa machen? Diese Fragen stellte Eva Becker, Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht, zu Beginn der Veranstaltung. Antworten erwartete sie gemeinsam mit mehr als 200 interessierten Teilnehmern aus Praxis, Politik und Wissenschaft von namhaften Referentinnen und Referenten.
"Mit der Liebe – oder was man dafür hält – fängt bekanntlich das Desaster an", so leitete Dr. Meo-Michaela Hahne ihren Vortrag ein. Die Vorsitzende Richterin des XII. Senats am Bundesgerichtshof widmete sich unter der etwas zweideutigen Überschrift "Bedarf der Zugewinn der Zuwendung?" dem Thema, wie Zuwendungen der Ehegatten untereinander unter bestimmten Voraussetzungen ausgeglichen werden müssen. Bei vereinbarter Gütertrennung ist ein Ausgleich vorgesehen, falls das Treu und Glauben gebieten. Wenn zum Beispiel beide Eheleute ein Grundstück erwerben, aber nur einer im Grundbuch eingetragen ist, würde der andere nach der Trennung ohne Ausgleich leer ausgehen, ein klarer Verstoß gegen § 242 BGB. Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sieht es anders aus. Das pauschalisierende System geht vor Einzelfallgerechtigkeit, das ist das Wesen des Zugewinnausgleichs. Dr. Meo Micaela Hahne lieferte eine ganze Reihe von Beispielen, in denen man sehr wohl die individuelle Situation der Eheleute bei der Trennung berücksichtigen müsste. Die aktuelle Situation sollte jedenfalls in Frage gestellt werden, resümierte Senatsvorsitzende Hahne.
Rechtsanwalt und Notar Dr. Max Braeuer sprach über eine nicht minder komplizierte Problematik im Zugewinnausgleich: Welchen Wert hat die freiberufliche Arbeit im Zugewinn, wie ist die freiberufliche Praxis zum Beispiel eines Steuerberaters, eines Arztes oder auch eines Rechtsanwalts als Vermögensposten in der Zugewinnausgleichsbilanz zu bewerten? Braeuer lieferte zahlreiche Beispiele für sinnvolle Methoden, diesen ideellen Wert zu berechnen, ein überaus schwieriges, aber nicht unlösbares Unterfangen. Er schilderte die Details von Umsatzmethode und Ertragswertmethode, von Marktwertermittlung und von den in Zukunft erwarteten Betriebsergebnissen und lieferte zahlreiche Anregungen, wie ein auf den ersten Blick nicht fassbarer Wert doch einigermaßen sicher ermittelt und in den Zugewinnausgleich einbezogen werden kann.
Prof. Dr. Dr. h.c. Gerd Brudermüller, Vorsitzender Richter am OLG Karlsruhe und Vorsitzender des Deutschen Familiengerichtstages, plädierte dafür, neben dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft eine zeitgemäße Gütergemeinschaft als konkurrierendes Modell anzubieten. Eine moderne Form der Errungenschaftsgemeinschaft betone jedenfalls den Gedanken der Gemeinschaft während der Ehe stärker. Und das war Brudermüllers Credo: Ein Risikoausgleich sollte bereits während der Ehe geschaffen werden, wenn beide Partner noch offen sind für Verantwortung und Solidarität, nicht erst zum Zeitpunkt der Trennung. "Das Ziel ist es, eine gleichberechtigte Teilhabe zu bewirken, wie sie den verfassungsrechtlichen Vorgaben, realen Schutzbedürfnissen und dem gelebten und partnerschaftlichem Selbstverständnis in der ehelichen Beziehung entspricht."
In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Prof. Dr. Elisabeth Koch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wurde festgestellt, dass die Reform durchaus noch verbesserungsfähig ist. Zum Beispiel beim Auskunftsanspruch zum Zeitpunkt der Trennung, der vermeiden helfen soll, dass Vermögen vor der Aufteilung manipuliert wird, gibt es enorme Anwendungsschwierigkeiten in der Praxis.
Dr. Birgit Grundmann, Staatssekretärin des Bundesministeriums der Justiz, hatte jedoch zu Beginn der Veranstaltung in ihrem Grußwort bereits mitgeteilt, dass gesetzgeberische Aktivitäten auf dem Gebiet des Güterrechts zur Zeit nicht auf der Agenda stünden. Aber immerhin soll die Reform im Ministerium evaluiert werden. Sicher fließen die Ergebnisse der Diskussion des Forums Güterrecht in diese Auswertung ein.
Auf dem Podium saßen neben den Referenten auch Ministerialrat Dr. Thomas Meyer aus dem Bundesministerium der Justiz und Re...