Der BGH bekräftigt den Grundsatz, dass nicht der zukünftige Verkaufspreis Gegenstand der Bewertung sei. Er zitiert eine frühere Entscheidung, in der es heißt:
Zitat
Die Veräußerung ist nicht der einzige Weg, um den vorhandenen inneren Wert nutzbar zu machen. Das kann dadurch geschehen (und geschieht vielfach auch), dass der Praxisinhaber einen jüngeren Kollegen als Sozius aufnimmt, der [ … ] den bisherigen Alleininhaber erheblich entlastet, ohne dass dessen Einnahmen dadurch geschmälert werden.“
Dem zitierten Argument ist unbedingt zuzustimmen.
Indem die Überlegung konsequent fortgeführt wird, hilft sie bei der Bewertung einer Beteiligung an einer großen Sozietät. In großen Anwaltssozietäten besteht in der Regel ein Gesellschaftsvertrag, der die Veräußerung des Anteils ausschließt. Meist wird beim Ausscheiden eines Partners auch keine Vergütung gezahlt, sondern nur das eingelegte Kapital erstattet. Jüngere Partner erhalten zumeist einen geringeren Gewinnanteil als ältere. In den am Stichtag noch bevorstehenden höheren Gewinnanteilen ist deshalb die Auszahlung des Geschäftswertes enthalten. In der Konsequenz heißt das: Der Anteil an einer Rechtsanwaltssozietät ist nach der modifizierten Ertragswertmethode zu berechnen, auch wenn beim Ausscheiden aus der Sozietät keine gesonderte Vergütung gezahlt werden wird.
Wenn der Grundsatz konsequent angewendet wird, dann müssen allerdings wohl auch Notarkanzleien anders bewertet werden, als das bisher üblich war.
Gegenwärtig ist weitgehend anerkannt, dass die Praxis eines Notars nicht zu bewerten sei. Begründet wird das einfach damit, dass der Notar ein öffentliches Amt habe, das nicht veräußert werden könne.
Angesichts der zitierten Auffassung, dass es auf die Veräußerung eines Geschäftes für dessen Bewertung nicht ankommt, wird sich diese Auffassung wohl nicht aufrechterhalten lassen.
Dass das Notaramt ein öffentliches ist, trifft zweifellos zu. Das sagt über dessen Wert und Bewertung aber noch nichts aus. Der Notar hat ein öffentliches Amt, bei dem ihm die Gebühren persönlich zufließen. Das Amt ist nicht entziehbar und hat deshalb offenbar einen Wert. Allein der öffentliche Charakter kann die Bewertung auch nicht ausschließen. Der Wirtschaftsprüfer ist ähnlich wie der Notar öffentlich beliehen. Dass dessen Amt auch im Zugewinnausgleich einen Wert haben kann, ist unbestritten.
Schließlich können alle Notare Sozietäten miteinander eingehen, bei denen sich ähnliche Effekte ergeben wie bei Rechtsanwaltssozietäten. Anwaltsnotare können ihren Mandantenstamm sogar unmittelbar an jüngere Notare weitergeben, mit denen sie als Rechtsanwälte eine Sozietät eingegangen sind.
Auf den Notar treffen alle Kriterien zu, mit denen die Annahme eines ideellen Wertes der Rechtsanwaltspraxis begründet wird. Es wird sich deshalb nicht rechtfertigen lassen, beide im Zugewinnausgleichsverfahren unterschiedlich zu behandeln.