Der BGH bestätigt in den genannten Entscheidungen einen seit Längerem anerkannten Grundsatz. Danach ist bei der Bewertung eine latente Steuerlast wertmindernd zu berücksichtigen.
Es handelt sich um die Ertragsteuer, die bei der Veräußerung des Unternehmens entstehen würde. Bei dem Firmenwert handelt es sich im steuerrechtlichen Sinne in der Regel um stille Reserven. Diese werden aufgedeckt, wenn der Verkaufspreis höher ist als der Buchwert des Unternehmens. Der so aufgedeckte Wert ist als Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit zu versteuern. Der Geschäftswert lässt sich tatsächlich nicht realisieren, ohne dass die Steuer anfällt. Entsteht der Gewinn nicht bei einer Veräußerung, so ist der Teil des laufenden Gewinns zu versteuern, der nicht auf dem individuellen Unternehmerlohn beruht, sondern auf dem darüber hinausgehenden Firmenwert.
An dieser Feststellung soll keine Kritik geübt werden. Sie entspricht auch der weitgehenden herrschenden Meinung. Es soll aber zu bedenken gegeben werden, dass der Ansatz konsequent weitergedacht und dann auch auf andere Steuern angewendet werden muss.
Soweit ersichtlich, ist der Gedanke der latenten Steuerlast bisher auf die Grunderwerbsteuer nicht angewendet worden. Die Gründe, die dazu geführt haben, eine latente Ertragsteuer bei der Bewertung zu berücksichtigen, dürften bei der Grunderwerbsteuer ebenso gelten. Der Eigentümer eines Grundstückes kann dessen Wert nur realisieren, indem er bei der Veräußerung Grunderwerbsteuer auslöst. Diese Grunderwerbsteuer beträgt heute in den meisten Teilen Deutschlands mindestens 5 % vom Kaufpreis.
Man mag gegen die Gleichstellung einwenden, dass in der Praxis die Grunderwerbsteuer regelmäßig vom Erwerber getragen wird. Grundstücksbewertungen sind aber in der Regel auch Ertragsbewertungen. Dabei spielen Marktgewohnheiten keine Rolle, sondern es wird der innere Wert des Grundstückes für den jeweiligen Eigentümer ermittelt. Dieser Wert kann, ebenso wie der Geschäftswert einer freiberuflichen Praxis, nur realisiert werden, indem Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.
Es ist nicht das Thema dieses Beitrags gewesen, Grundstücksbewertungen zu beschreiben. Der letzte Gedanke soll eigentlich nur die Eingangsthese belegen, dass die Diskussion über die Bewertung noch nicht am Ende ist. Jede neue Klarstellung, die bei der Bewertung der freiberuflichen Praxis gefunden wird, hat Auswirkungen auf andere Themen. So wird der Diskussionsstoff nicht ausgehen.