BDSG § 1 § 6; KunstUrhG § 37; BGB § 823 Abs. 1 § 1004 analog
Leitsatz
1. Ein Anspruch auf Löschung von Fotos einer Person, die intimen Charakter aufweisen, ergibt sich weder aus §§ 1 und 6 Abs. 1 BDSG noch aus § 37 KunstUrhG, wenn die Aufnahmen aus einem rein privaten Anlass stammen und die abgebildete Person ihre Einwilligung in die Aufnahmen erteilt hat.
2. Die Einwilligung in die Anfertigung und den Besitz intimer Aufnahmen schließt den Widerruf des Einverständnisses für die Zukunft nicht aus, wenn die Bedeutung des Persönlichkeitsrechts dies gebietet. In diesem Fall tritt das Recht des Fotografen auf Kunstfreiheit und sein Recht auf Eigentum zurück, so dass trotz zunächst erteilter Einwilligung in die Aufnahmen die Löschung der elektronischen Vervielfältigungsstücke verlangt werden kann.
(Leitsätze der Redaktion)
OLG Koblenz, Urt. v. 20.5.2014 – 3 U 1288/13 (LG Koblenz)
Sachverhalt
Anm. der Red.: Die Entscheidung ist vollständig dokumentiert in Juris.
2 Aus den Gründen:
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Löschung von sie zeigenden Lichtbildern und Filmaufnahmen in Anspruch, die sich auf elektronischen Vervielfältigungsstücken des Beklagten befinden.
Die Parteien hatten in der Vergangenheit eine Beziehung. Der Beklagte, der von Beruf Fotograf ist, erstellte während dieser Zeit zahlreiche Bildaufnahmen von der Klägerin, auf denen diese unbekleidet und teilweise bekleidet sowie vor, während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten zu sehen ist. Teilweise hat die Klägerin intime Fotos selbst erstellt und dem Beklagten in digitalisierter Form überlassen. Zudem besitzt der Beklagte Lichtbilder von der Klägerin, die sie bei alltäglichen Handlungen ohne intimen Bezug zeigen.
Nach Beendigung der Beziehung leitete der Beklagte verschiedene ihm zuvor von der Klägerin übersandte E-Mails an die Firmenadresse des Zeugen … [A], dem Ehemann der Klägerin, weiter. Dadurch erhielten Mitarbeiter die Möglichkeit, Einsicht in die E-Mails zu nehmen. Eine von dem Zeugen … [A] eingerichtete technische Blockade der E-Mail-Adresse des Beklagten umging dieser, indem er von einer neuen, zuvor unbekannten Adresse weitere E-Mails an den Zeugen … [A] sendete und dabei auch aus von der Klägerin an ihn gerichteten intimen E-Mails zitierte. Auf Antrag des Zeugen … [A] erließ das Amtsgericht Frankfurt am 7.6.2013 eine einstweilige Verfügung, wonach es dem Beklagten untersagt wurde, an den Zeugen E-Mails zu senden.
Die Klägerin hat den Beklagten zunächst u.a. auch in Anspruch genommen, es zu unterlassen, sie, die Klägerin zeigende Lichtbilder und/oder Filmaufnahmen ohne ihre Einwilligung Dritten und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, von ihr erhaltene E-Mails und/oder Textnachrichten über Skype und/oder SMS ohne ihre Einwilligung Dritten und/oder öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen, sowie E-Mails und/oder SMS und/oder sonstige elektronische Nachrichten an sie, die Klägerin, zu senden.
Nachdem die Parteien sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht durch einen Teilvergleich geeinigt haben, dass der Beklagte die vorgenannten Anträge anerkennt und die Klägerin weitergehende Anträge zurücknimmt, hat die Klägerin, soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse, zuletzt beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen vollständig zu löschen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage insoweit abzuweisen.
Das Landgericht hat den Beklagten, soweit im Berufungsverfahren von Interesse, durch Teil-, Anerkenntnis- und Endurteil unter Abweisung des weitergehenden Löschungsantrages verurteilt, die in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen elektronischen Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigenden Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen … vollständig zu löschen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, … (wird ausgeführt).
Gegen das Urteil richten sich die Berufungen beider Parteien.
Der Beklagte wendet sich gegen die teilweise erfolgte Verurteilung zur Löschung, während die Klägerin weiterhin die vollständige Löschung begehrt.
Der Beklagte trägt nunmehr vor, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Löschung von elektronischen Vervielfältigungsstücken von Lichtbildern und/oder Filmaufnahmen, da diese in seinem Eigentum stünden. Die von ihm erstellten Fotografien und Videofilme mit erotischem Inhalt seien auf Wunsch der Klägerin, die ihn geliebt habe, und mit deren Einverständnis gefertigt worden. Die Klägerin habe ihm zudem – unstreitig – eine Vielzahl selbst von ihr erstellter Fotos oder Videos übersandt, die sie unbekleidet zeigten. Er lege Wert darauf, dass er zu der Klägerin nicht nur ein sexuelles Verhältnis unterhalten, sondern eine Liebesbeziehung bestanden habe. Die Klägerin sei unstreitig nie zur Fortsetzung der Liebesbeziehung gedrängt worden. Er habe nie damit gedroht, die Fotografien zu veröffentlichen. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung die grundgesetzlic...