Der Gesetzgeber hat sich allerdings nicht entschließen können, die vernünftige Ausnahme für die zweite Instanz in Betreuungs- und Unterbringungssachen konsequent dahingehend fortzuschreiben, dass auch deren drittinstanzliche Überprüfung wie zuvor in bewährter Weise den Oberlandesgerichten vorbehalten blieb.

Das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde nach früherem Recht war zwar formgebunden.[8] Neben einem Anwaltsschriftsatz genügte allerdings auch die persönliche Einlegung zu Protokoll des Rechtspflegers bei jedem am Instanzenzug beteiligten Gericht bzw. am Ort der Unterbringung.[9] Deshalb war ein niederschwelliger Zugang für die Betroffenen eröffnet. Die ursprüngliche Vorstellung der Bundesregierung sah demgegenüber nicht nur die – letztlich Gesetz gewordene – Einbeziehung der drittinstanzlichen Rechtskontrolle in Betreuungs- und Unterbringungssachen in das neue System der Rechtsbeschwerde durch den BGH nach §§ 70 ff. FamFG-E vor. Diese sollte auch – entsprechend dem allgemeinen Grundsatz – einer Zulassung durch das Beschwerdegericht bedürfen, welche nur bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder der Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auszusprechen war.[10] Zudem sollte der BGH – wie für alle Rechtsbeschwerden vorgesehen – an die Zulassung nicht gebunden sein.[11]

Damit wäre in Betreuungs- und Unterbringungssachen sowie Freiheitsentziehungsverfahren eine rechtliche Überprüfung landgerichtlicher Entscheidungen nur noch in seltenen Ausnahmefällen möglich geworden. Sowohl zunächst das Landgericht als auch anschließend der BGH hätten dessen Entscheidung zur Rechtsfortbildung oder -vereinheitlichung für erforderlich halten müssen.

In einer Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages am 8.2.2008 hat der Verfasser eindringlich auf die damit verbundene gravierende Einschränkung des Rechtsschutzes für die Betroffenen in den besonders sensiblen und grundrechtsrelevanten Materien des Betreuungs- und Unterbringungsrechts hingewiesen.[12] Nach seinen, durch konkrete Beispiele nachgewiesenen, Erfahrungen in langjähriger richterlicher Praxis der drittinstanzlichen Rechtskontrolle der einschlägigen Verfahren aus Bayern waren landgerichtliche Entscheidungen ggf. zumeist allein deshalb aufzuheben, weil wesentliche Verfahrensgarantien der Betroffenen wie die Wahrung des rechtlichen Gehörs nicht beachtet wurden und/oder das jeweilige ärztliche Gutachten keine tragfähige Grundlage für die Entscheidung darstellte. Die im früheren Recht des FGG ohne Weiteres möglich gewesene Korrektur derartiger Fälle im Verfahren der weiteren Beschwerde wäre aber tatsächlich in Zukunft weitestgehend ausgeschlossen worden, wenn die dritte Instanz nur noch im Fall einer Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landgericht hätte angerufen werden können.

Der Verfasser hatte sich in der Anhörung dafür ausgesprochen, das bewährte System des drittinstanzlichen Rechtsschutzes durch die Oberlandesgerichte für Betreuungs- und Unterbringungssachen beizubehalten. Dies wäre zum einen eine konsequente Weiterführung der ohnehin schon vorgesehenen Ausnahme beim Rechtsmittel für die zweite Instanz gewesen. Zum anderen wäre dies ohne großen gesetzgeberischen Aufwand möglich gewesen. In seiner Stellungnahme a.a.O. hat der Verfasser hierzu die Einfügung eines § 311a – neu – FamFG vorgeschlagen, der eine weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht für Betreuungssachen und – durch seine jeweils entsprechende Anwendung – auch auf Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen vorsah.

Bedauerlicherweise ist der Bundestag diesem Vorschlag nicht gefolgt.[13] Er hat aber in den abschließenden Beratungen des Rechtsausschusses die Kritik an der zunächst vorgesehenen weitgehenden Einschränkung des Rechtsschutzes in diesen Bereichen anderweitig aufgegriffen.[14] Das betrifft zunächst die nunmehr allgemein für Rechtsbeschwerden geltende Regelung in § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG: Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung durch das Beschwerdegericht gebunden. Wie erwähnt, hatte dies der Regierungsentwurf noch anders vorgesehen.[15] Vor allem aber wurde in den Ausschussberatungen abweichend von der ursprünglichen Konzeption in § 70 FamFG ein neuer Absatz 3 eingefügt. Dieser erklärt die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ohne Zulassung für statthaft in Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung sowie zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts. Dasselbe gilt für Unterbringungssachen betreffend Volljährige wie Minderjährige sowie für Freiheitsentziehungssachen, soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet. Das diene

Zitat

"der Verbesserung des Rechtsschutzes in bestimmten Betreuungssachen sowie in Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen. Wenn durch gerichtliche Entscheidung in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten eingegriffen wird und freiheitsentziehende Maßnahm...

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