Mit Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes setzt grundsätzlich eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ein. Über diesen Zeitpunkt hinaus kann er Betreuungsunterhalt (nur noch) verlangen, "solange und soweit dies der Billigkeit entspricht" (§ 1615l Abs. 2 S. 4 BGB, sog. Billigkeitsbetreuungsunterhalt). Dabei sind gemäß § 1615l Abs. 2 S. 5 BGB insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. Durch das Wort "insbesondere" wird klargestellt, dass neben kindbezogenen Gründen im Einzelfall auch andere Gründe, namentlich elternbezogene Gründe, bei der Prüfung berücksichtigt werden können, ob und in welchem Maße aus Billigkeitsgründen eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs über den dritten Geburtstag des Kindes hinaus gerechtfertigt ist. Ein abrupter, übergangsloser Wechsel von der Betreuung hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit wird nicht verlangt. Vielmehr ist im Interesse des Kindeswohls ein gestufter Übergang möglich, der sich jedoch nur an individuellen kind- oder elternbezogenen Gründen im Einzelfall orientieren kann, die einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils entgegenstehen. Eine pauschale Anknüpfung an das Alter des Kindes, etwa dergestalt, dass während schematisch festgelegter Altersphasen regelmäßig nur eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils besteht ("Altersphasenmodell"), kommt nach ständiger Rechtsprechung des BGH hingegen nicht in Betracht. Diese von jeglicher Schematisierung losgelöste Prüfung unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände ermöglicht eine flexible Anpassung des Unterhalts an Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse. So kann sich etwa der Umfang der Erwerbstätigkeit des betreuenden Elternteils reduzieren, wenn mit der Einschulung des Kindes eine zunächst umfangreich gewährleistete Betreuung durch den Kindergarten entfällt. Im Falle der Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes neben einem nicht gemeinschaftlichen Kind kann hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit nur auf die Belange des gemeinschaftlichen Kindes abgestellt werden.
a) Kindbezogene Verlängerungsgründe
Die kindbezogenen Gründe, die zu einem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB über die Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes hinaus führen können, entsprechen denen, die nach § 1570 Abs. 1 BGB beim nachehelichen Betreuungsunterhalt maßgeblich sind.
Zu beachten ist, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Betreuungsunterhalts zum 1.1.2008 für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres grundsätzlich den Vorrang der persönlichen Betreuung gegenüber anderen kindgerechten Betreuungsmöglichkeiten aufgegeben hat. Dies hat zur Folge, dass der betreuende Elternteil sich in dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine kindgerechte Einrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, in der Regel nicht auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes, mithin nicht auf kindbezogene Verlängerungsgründe berufen kann.
Eine Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs aus kindbezogenen Gründen kommt zunächst in Betracht, wenn das Kind aufgrund individueller Umstände (z.B. Behinderung, dauerhafte Erkrankung, Entwicklungsstörung, erzieherischer Bedarf) besonderer Betreuung gerade durch den betreuenden Elternteil persönlich bedarf. Dies kann auch bei Behinderung eines volljährigen Kindes der Fall sein. Unterhaltsrechtlich relevant ist das Problem des Kindes allerdings nur dann, wenn es sich konkret auf die Möglichkeiten des betreuenden Elternteils auswirkt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Auch besondere Bedürfnisse des Kindes, die etwa sportliche, musische oder andere Beschäftigungen betreffen, sind zu beachten. Sofern diese von dem Kind nicht selbst wahrgenommen werden können, sind vom Unterhaltsberechtigten etwa zu erbringende Fahr- und Betreuungsleistungen in Rechnung zu stellen. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass die von dem betreuenden Elternteil zu erbringenden Tätigkeiten nicht außer Verhältnis zu der dadurch gehinderten Erwerbstätigkeit stehen dürfen. Gegebenenfalls haben der betreuende Elternteil und das Kind in Kauf zu nehmen, dass die Abläufe anders organisiert oder die Aktivitäten teilweise eingeschränkt werden, damit sie mit einer Erwerbstätigkeit ...