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Das Güterrecht ist – anders als beispielsweise das Unterhaltsrecht – ein recht statisches Rechtsgebiet, weitgehend unabhängig von gesellschaftlichen Veränderungen. Umso bedeutsamer war deshalb das am 1.9.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts (BGBl 2009 I, S. 1696), das mit der Anerkennung negativen Anfangsvermögens eine Gerechtigkeitslücke geschlossen und darüber hinaus den Schutz vor illoyalen Minderungen des Vermögens verstärkt hat. Der folgende Beitrag zeigt die weitere Entwicklung auf, die das Güterrecht seit diesem Zeitpunkt genommen hat.
I. Die Entwicklung der Gesetzgebung
Die güterrechtlichen Vorschriften des BGB sind zuletzt durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts grundlegend geändert worden. Die Neuerungen sind vielfach dargestellt und besprochen worden. Sie sind seit mehr als fünf Jahren in Kraft und sollen daher nicht erneut behandelt werden.
Der deutsch-französische Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft
Zum 1.5.2013 ist das deutsch-französische Abkommen über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft in Kraft getreten. Dieser Güterstand kann durch einen notariellen Ehevertrag von Ehepaaren oder Partnern einer eingetragenen Lebensgemeinschaft gewählt werden, für die deutsches oder französisches Güterrecht gilt, also für Partner deutscher oder französischer Nationalität – gleich welcher Zusammensetzung –, die in Deutschland oder Frankreich leben. Er orientiert sich am deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, berücksichtigt aber französische Besonderheiten. Während der Ehe bleiben die Vermögen der Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner getrennt. Erst bei Beendigung des Güterstandes wird der erwirtschaftete Zugewinn zwischen ihnen ausgeglichen. Als französische Besonderheit werden Schmerzensgeld und zufällige Wertsteigerungen von Immobilien (Erklärung zu Bauland) im Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer wird der neue Wahlgüterstand genauso behandelt wie die deutsche Zugewinngemeinschaft.
II. Die Entwicklung der Rechtsprechung seit September 2009
1. Übergangsrecht
Das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6.7.2009 enthält für das Güterrecht nur eine Übergangsvorschrift: Nach Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB gilt die Regelung des negativen Anfangsvermögens, § 1374 BGB n.F. nur für solche Verfahren, die nach dem 1.9.2009 anhängig geworden sind. Im Übrigen findet das geänderte Güterrecht mit dem Tage seines Inkrafttretens Anwendung. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Anwendung des neuen Rechts eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung auf abgeschlossene Sachverhalte darstellen würde. Eine solche "echte" Rückwirkung sieht der Bundesgerichtshof, wenn die Ehe bereits vor dem 1.9.2009 rechtskräftig geschieden und die Ausgleichsforderung somit bei Inkrafttreten der Neuregelungen schon entstanden war. Dementsprechend wendet er in diesen Fällen § 1378 Abs. 2 BGB in der alten Fassung an, lässt also die Ausgleichsforderung entfallen, wenn der Ausgleichspflichtige bei Rechtskraft der Ehescheidung über kein Vermögen mehr verfügte.
2. Güterrecht und Eheverträge
Der Zugewinnausgleich ist nach einer als gefestigt zu bezeichnenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich. Er hat im System der Scheidungsfolgen eine nur nachrangige Bedeutung; darüber hinaus machen die Eheleute mit dem Ausschluss des Zugewinnausgleichs von einer ihnen gesetzlich eingeräumten Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch. Ist dies unter fairen Verhandlungsbedingungen geschehen, bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit einer solchen Abrede. Die Vereinbarung der Gütertrennung kann sich allein im Rahmen einer Gesamtwürdigung des Ehevertrages als sittenwidrig erweisen, wenn das Zusammenwirken aller Einzelregelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten abzielt. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit folgt dabei nicht allein aus dem unausgewogenen Vertragsinhalt. Erforderlich ist stets eine subjektive Disparität.
Unter den genannten Bedingungen ist z.B. die Herausnahme einzelner Gegenstände aus dem Zugewinnausgleich zulässig, und zwar auch, wenn sich durch die Vereinbarung die Ausgleichsrichtung umkehrt, also der durch die Regelung Begünstigte nur aus diesem Grunde ausgleichsberechtigt wird. Wirksam ist auch eine Abrede, nach der das Betriebsvermögen des Ehemannes nur mit dem Stand der Kapitalkonten berücksichtigt wird, während das sonstige Betriebsvermögen und die stillen Reserven nicht zum aus...