Das Familienrecht, namentlich das Unterhaltsrecht, hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung in Gesetz und Rechtsprechung genommen. Die Änderung der Rechtsprechung zur Begrenzung und Befristung von Unterhaltsansprüchen, angestoßen durch das Urteil des BGH vom 12.4.2006 (Az.: XII ZR 240/03 = FamRZ 2006, 1006) und die wesentliche Veränderung des gesamten Unterhaltsrechts durch das nachfolgende Unterhaltsrechtsänderungsgesetz zum 1.1.2008 haben viele neue Rechtsfragen aufgeworfen. Dies hat zu sehr unterschiedlichen Auslegungen durch die Oberlandesgerichte geführt. Die Notwendigkeit einer Einheitlichkeit der Rechtsprechung auf der Grundlage höchstrichterlicher Entscheidungen des BGH wurde umso dringender. Von den Rechtsmittelzulassungsmöglichkeiten wurde hingegen von den Oberlandesgerichten nur sehr zögerlich und regional sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht. Dies führte im Ergebnis dazu, dass nicht der Einheitlichkeit und Gleichbehandlung in allen Familiensachen, sondern gerade der Uneinheitlichkeit Vorschub geleistet wurde.

Auch durch Inkrafttreten des Familienverfahrensrechts zum 1.9.2009 hat es Veränderungen – im formellen Recht – gegeben, die erhebliche Auswirkungen auf das familienrechtliche Verfahren haben. Insbesondere durch die Einführung der neuen Familiensachen, der sonstigen Familiensachen und der Lebenspartnerschaftssachen nach § 111 Nrn. 10 und 11 FamFG und der Familienstreitsachen nach § 112 Nr. 3 FamFG ist vor allem "die Zuordnung der sonstigen Familiensachen nach § 266 Abs. 1" FamFG zur zentralen Vorschrift für Familienstreitsachen im Zusammenhang mit der Ausweitung familienrechtlicher Verfahren geworden.

Der Anwendungsbereich des § 266 FamFG ist tendenziell weit zu fassen. Für die Qualifizierung als sonstige Familiensache ist allein auf die Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs im Zeitpunkt seiner Entstehung abzustellen und nicht darauf, wer die Beteiligten des Verfahrens sind und wann das Verfahren geltend gemacht wird (vgl. Horndasch/Viefhues/Cremer, § 266 Rn 10 ff.). Letztlich gilt der Grundsatz: "Im Zweifel für das Familiengericht". Eine Streitigkeit wird als sonstige Familiensache stets dann angesehen, wenn sich das Verfahren nicht eindeutig außerhalb des Familienrechts zuordnen lässt (BGH, Beschl. v. 5.12.2012 – XII ZB 652/11 = FamRZ 2013, 281 m. Anm. Heiter; vgl. auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.1.2011 – 13 W 69/10 = FamRZ 2011, 1420: "… Auszuscheiden sind lediglich Fälle, in denen der familienrechtliche Einschlag völlig untergeordnet ist, sodass eine Entscheidung durch das Familiengericht sachfremd erscheint.").

Daraus ergibt sich in Familienstreitverfahren eine erhebliche prozessuale Ausweitung und eine deutliche Überschneidung zwischen Familienrecht und sonstigem Zivilrecht.

Ob die unterschiedliche Behandlung familienrechtlicher und sonstiger zivilrechtlicher Verfahren danach noch mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, erscheint zweifelhaft.

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