1. Selbstständige Lebensstellung der Mutter nach §§ 1615 l Abs. 2 u. 3, 1610 Abs. 1 BGB
Der Betreuungsunterhalt ist nach § 1615 l Abs. 3 BGB dem Verwandtenunterhalt zugeordnet. Hierdurch erhält die Mutter unterhaltsrechtlich eine selbstständige Stellung nach § 1610 Abs. 1 BGB gegenüber dem nichtehelichen Vater, da sie mit ihm nicht verwandt ist. Diese normative Selbstständigkeit wird nach h.M. weder durch eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt – ggfs. mit Begründung eines Unterhaltanspruchs gegen die Eltern – noch durch eine Lebensgemeinschaft mit dem nichtehelichen Vater aufgehoben. Die Kindesbetreuung bildet bei § 1615 l Abs. 2 BGB ein Surrogat für das sonst von der Mutter erzielbare Erwerbseinkommen. Deshalb richtet sich das Maß des Unterhalts nach dem bisherigen Einkommen der Mutter; soweit sie vor der Geburt noch nicht erwerbstätig war, nach dem Einkommen, das sie hypothetisch aus einer Erwerbstätigkeit erzielen könnte, wenn es nicht durch Geburt und Betreuung zu einem späteren Erwerbsbeginn, z.B. infolge Unterbrechung des Studiums, gekommen wäre. Dabei ist keine Kausalität i.S.d. Bedingungstheorie vorausgesetzt. Es spielt keine Rolle, ob die nichteheliche Mutter wegen anderer Ursachen, z.B. wegen Betreuung weiterer Kinder, an der Erwerbstätigkeit gehindert wäre oder ob das betreuungsbedürftige Kind anderweitig versorgt werden könnte. Die Betreuung muss nicht kausal für die Nichterwerbstätigkeit sein. Lässt sich z.B. bei nicht abgeschlossener Ausbildung der nichtehelichen Mutter eine durch Erwerbstätigkeit geprägte Lebensstellung noch nicht hinreichend feststellen, gilt zwar nach einer Mindermeinung gemäß §§ 1615 l Abs. 3, 1610 Abs. 1 BGB auch gegenüber dem nichtehelichen Vater der von ihren Eltern abgeleitete Maßstab, da deren Unterhalt ihre Lebensstellung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt vor der Geburt prägte und damit für ihren Bedarf weiterhin bestimmend sei. Nach h.M. ist aber auch dann, wenn die Mutter noch keine selbstständige wirtschaftliche Position erreicht hat, also noch kein oder nur geringes Einkommen erzielt, ein selbstständiger Mindestmaßstab nach § 1609 Abs. 2 BGB geboten. Der Mindestbedarf wird mit dem notwendigen Eigenbedarf (Selbstbehalt) eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen bestimmt, der nach der Düsseldorfer Tabelle 880 EUR beträgt.
2. Nichteheliche Lebensgemeinschaft als prägende wirtschaftliche Situation?
a) Ausgrenzung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und ihre Kritik
Wegen des fehlenden Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den nichtehelichen Eltern und der jederzeitigen Möglichkeit der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hält die nun h.M. mit dem BGH daran fest, dass diese – anders als eine Ehe, auch nach Scheidung – die Lebensstellung der nichtehelichen Mutter nicht verändert. Es fehle insoweit an einer nachhaltig gesicherten Rechtsposition im Sinne einer Lebensstandardgarantie. Die Leistungen des Vaters als Lebenspartner erfolgten freiwillig, so dass er sie jederzeit einstellen könne. Ein Quotenunterhalt analog zu § 1578 BGB wird zwar gegen die h.M. vertreten, scheidet aber aus, weil völlig unterschiedliche Maßstäbe des Unterhaltsbedarfs bestehen: einerseits die normativ verselbstständigten Lebensverhältnisse der Mutter als Unterhaltsgläubigerin (§§ 1615 l Abs. 3, 1610 Abs. 1 BGB), andererseits die normativ über Trennung/Scheidung hinaus verlängerten ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten (§§ 1361, 1578 BGB).
Auch die Normzwecke sind verschieden: §§ 1361, 1578 BGB wollen dem unterhaltsberechtigten Ehegatten den in der Ehe erreichten Lebensstandard auch für die Zukunft erhalten. § 1615 l BGB dient dagegen nur dem Ausgleich (für die Nachteile aus Geburt/Betreuung), nicht der Aufrechterhaltung des Lebensstandards einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Eine Analogie scheidet damit schon wegen der unterschiedlichen Normzwecke aus. Zudem lässt sich eine abschließende Regelung für Ehegatten, wie sie §§ 1361, 1578 BGB bilden, nicht analog auf nichteheliche Partner übertragen. Dem stimmt das OLG Zweibrücken in einem Urteil vom 21.9.1999 zu, hält es aber trotzdem für richtig, die Lebensstellung nach §§ 1615 l Abs. 3, 1610 Abs. 1 nicht nur von der Lebensstellung der Eltern und einem ehelichen Lebensverhältnis der nichtehelichen Mutter, sondern auch von einem nichtehelichen Lebensverhältnis abzuleiten, wobei aber der Unterhaltsbedarf nicht nach einer Quote, sondern konkret (wie bei besonders hohen Einkommen) zu bemessen sei.
Die Gleichstellung des nichtehelichen mit dem ehelichen Lebensverhältnis scheitert jedoch an der fehlenden Lebensstandardgarantie der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Auch soweit sich die h.L. dem BGH anschließt, findet sich die rechtspolitische Anmerkung, dass die verfestigte nichteheliche Partnerschaft Einfluss auf die Lebensstellung der betreuenden Mutter nach § 1615...