Ein minderjähriges Kind ist in der Regel mangels eigener Leistungsfähigkeit bedürftig, so dass das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs unstreitig ist. Ausnahmen ergeben sich bei eigenem Einkommen und/oder Vermögen oder wenn dem Kind fiktives Einkommen zuzurechnen ist. Im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung sind uneingeschränkt alle zumutbar erzielten Einkünfte des Kindes bedürftigkeitsmindernd auf den Bedarf des Kindes anzurechnen.
1. Eigenes tatsächliches Einkommen des Kindes,§ 1602 Abs. 2 BGB
a) Einkünfte
Soweit Minderjährige, die jünger als 15 Jahre alt sind oder noch der Vollzeitschulpflicht unterliegen, Einkommen erzielen, z.B. aus Schülerarbeit, Nachhilfeunterricht, Austragen von Zeitungen usw., ist dieses Einkommen entsprechend § 1577 Abs. 2 BGB nicht auf den Bedarf des Kindes anzurechnen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht den geschuldeten Unterhalt leistet, weil das Einkommen aus einer unzumutbaren Tätigkeit stammt. Nur in Ausnahmefällen kann unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse eine teilweise Anrechnung nach Billigkeit erfolgen.
Im Übrigen kommen als anrechenbare Einkünfte vor allem Ausbildungsvergütungen in Betracht, ferner Waisen- und Halbwaisenrenten sowie endgültige BAföG-Leistungen, auch soweit sie als unverzinsliches Darlehen gewährt werden, denn das Kind trifft eine Obliegenheit, solche BAföG-Leistungen zu beantragen.
b) Vermögen
Ein minderjähriges, unterhaltsbedürftiges Kind ist nach § 1602 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet, den Stamm des eigenen Vermögens für Unterhaltszwecke zu verwenden. Anders ist es lediglich dann, wenn die Eltern bei Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen außerstande sind, Unterhalt ohne Gefährdung ihres eigenen angemessenen Bedarfs zu gewähren. In einem solchen Fall besteht die in § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB geregelte gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern nicht. Das Kind muss in diesem Fall das Vermögen für seinen Unterhalt bis auf einen im Einzelnen zu bemessenen Notgroschen einsetzen. Erträge aus einem Vermögen sind stets zur Deckung des Unterhalts heranzuziehen. Soweit sie reichen, ist das Kind nicht bedürftig.
Achtung:
Eltern handeln in der Regel widerrechtlich, wenn sie ein Sparguthaben ihrer minderjährigen Kinder für Unterhaltszwecke verwenden. Sie sind in solchen Fällen gemäß § 1664 BGB verpflichtet, die dem Sparkonto entnommenen und verwendeten Gelder im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht an die Kinder zurückzuzahlen.
Ein Kind, das mit Eintritt seiner Volljährigkeit über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, hat vorhandenes Vermögen sukzessive zur Deckung seines Lebensbedarfs während der Ausbildung einzusetzen. Es ist ihm nicht gestattet, sein Vermögen auf andere Art zu verbrauchen. Bei einem Verstoß gegen diese Obliegenheit muss sich das Kind so behandeln lassen, als ob noch Vermögen vorhanden wäre und bedarfsdeckend eingesetzt werden könnte.
2. Fiktives Einkommen des Kindes
Ausnahmen von der Annahme der Bedürftigkeit des minderjährigen Kindes können sich dann ergeben, wenn das noch minderjährige Kind die Schule bereits verlassen hat und keiner Ausbildung nachgeht. In solchen Fällen kommt auch bei einem minderjährigen Unterhaltsberechtigten die Zurechnung fiktiver Einkünfte in Betracht.
Gleiches gilt, wenn der Minderjährige dauerhaft dem Schulunterricht fernbleibt und auch keiner gesetzlich erlaubten Erwerbstätigkeit nachgeht. Dies gilt aber dann nicht, wenn der Minderjährige noch der gesetzlichen Schulpflicht unterliegt. In solchen Fällen kann eine Erwerbsstätigkeit des Minderjährigen zur Deckung des eigenen Bedarfs nicht erwartet werden. Denn bei bestehender gesetzlicher Schulpflicht liegt es in der Verantwortungssphäre des Unterhaltspflichtigen und des mitsorgeberechtigten anderen Elternteils, für einen Schulbesuch des Minderjährigen die erforderlichen erzieherischen Maßnahmen zu treffen.